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Giles Farnaby Selfmade-Virginalist und Handwerker

Virginal - Tasteninstrument | Bildquelle: BR

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Er sei "ein törichter Spatz, der sich herausnimmt, in Gegenwart der melodischen Nachtigall zu zirpen", so beschrieb sich der englische Komponist Giles Farnaby einmal selbst. Und er bezog sich damit wohl darauf, dass er ursprünglich gar nicht als Musiker ausgebildet war, wie der Spezialist für historische Tasteninstrumente Pieter-Jan Belder erläutert: "Er war tätig als Tischler und hat dann in seiner Freizeit in Oxford Musik studiert - gleichzeitig mit John Bull. Das ist natürlich interessant, weil wir dadurch wissen, dass die beiden Männer einander gekannt haben. Und ich glaube, Farnaby hat auch noch ein bisschen Unterricht von Bull bekommen".

Armer Musiker mit Talent für's Originelle

Wann und wo Farnaby geboren wurde, wissen wir nicht genau; vermutlich war es 1563, möglicherweise in Cornwall. Erste urkundliche Erwähnung findet er erst 1587, als er in London heiratete, und zwei Jahre später kann man aus Steuerbüchern ersehen, dass er recht arm war. Das Studium in Oxford beendete er 1592 mit dem Bachelor, und dann wissen wir, dass er - außer als Tischler und möglicherweise sogar als Cembalobauer - auch als Musiklehrer und Küster tätig war. Und eben als Komponist. 52 seiner 53 überlieferten Werke für Tasteninstrument stehen im Fitzwilliam Virginal Book, einer Sammlung von Musik der sogenannten englischen Virginalisten, die Pieter-Jan Belder komplett auf CD eingespielt hat. Dabei fiel ihm auf: "Wenn man zum Beispiel Farnabys Fantasien spielt, dann bemerkt man schnell, dass das nicht so präzise und nicht so gut strukturiert und auch total ungeschickt ist für die Orgel. Die Fantasien von Bull und auch von Byrd kann man auf beiden Instrumenten gut spielen, die Stücke von Farnaby sind eigentlich zu rhapsodisch und nicht so präzise. Er fängt dann an mit ziemlich präzisen Kontrapunkt, aber bald lässt er das los. Es gibt sehr viel Passagenwerk, aber das Passagenwerk ist ziemlich leer". Auch in den Madrigalen, Canzonetten und Psalmvertonungen Farnabys wird deutlich, dass er nicht so gut darin war, komplexe polyphone Stimmengeflechte zu managen, wie etwa sein Zeitgenosse William Byrd. Doch das gleiche seine Originalität und Lebendigkeit leicht wieder aus, meint Pieter-Jan Belder: "Zum Beispiel seine Liedvariationen. Darin zeigt er seinen Einfallsreichtum am meisten. Das ist vielleicht interessanter als Bull."

Puritaner unter Rekusanten

Anders als die meisten anderen bekannten Komponisten im Fitzwilliam Virginal Book war Farnaby übrigens kein Katholik oder Rekusant (ein Gegner der anglikanischen Kirche). Er war ein überzeugter Puritaner, und das blieb er bis zu seinem Tod im Jahr 1640. Dass seine Werke trotzdem in die berühmte Sammlung aufgenommen wurden, spricht von ihrer Wertschätzung bei den Zeitgenossen. Doch nicht nur bei denen: Es macht auch heute noch großen Spaß, seine Musik zu spielen, wie Pieter-Jan Belder bekennt: "Dabei ist es eigentlich ziemlich schwierig, ungewöhnlich virtuos. Ein Cembalobauer ist meistens nicht der beste Cembalist, weil das eigentlich nicht so gut zusammen geht, die Handarbeit und dann die Feinmotorik beim Cembalospielen. Farnaby hat offensichtlich beides beherrscht."

Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 25. Januar 2020, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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