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Heinrich Glarean Humanist und Gelehrter

Humanismus – die Wiedergeburt antiker Bildungsideale in der Renaissance: Durch Bildung soll der Mensch seine Persönlichkeit optimal entfalten. Einer der Universalgelehrten dieser Zeit war Heinrich Glarean (1488-1563).

Isagoge in musicen (Basel, 1516), Werk von Heinrich Glarean - Titelholzschnitt von Hans Holbein | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Renaissance - die Wiedergeburt des Denkens und der Kunst aus dem Geist der Antike. 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel, die letzte Bastion des einstmals mächtigen oströmischen Reiches, das über 1.000 Jahre existiert hatte. Zahlreiche griechische Gelehrte flüchteten aus der Stadt nach Italien und brachten eine Fülle griechischer Handschriften mit - das antike Denken rückte in Westeuropa wieder verstärkt in den Fokus.

Humanitas

Humanitas - dieses Schlagwort machte damals die Runde: Da Gott den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen habe, müsse dieser bestrebt sein, seine Persönlichkeit so gut wie möglich in einem humanistischen Sinne zu entfalten: auf Basis einer umfassenden Bildung. Ein herausragender Universalgelehrter des Renaissance-Humanismus war Heinrich Glarean, der auch eng mit Erasmus von Rotterdam befreundet war. Glarean war Philosoph, Theologe, Mathematiker und Musikgelehrter. Nach Studien an den Universitäten in Köln und Basel unterrichtete er selbst in Paris und Basel. Als Basel sich 1529 der Reformation anschloss, ging Glarean nach Freiburg im Breisgau, wo er eine Professur für Poetik erhielt.

Neue Tonarten

Glareans musiktheoretisches Hauptwerk ist das Dodekachordon von 1547. Den Titel könnte man am besten übersetzen: "Von den zwölf Tönen oder Tonarten". Denn um das System der acht traditionellen Kirchentöne mit antiken Theorien in Einklang zu bringen, erweiterte er es um vier Töne auf zwölf. Unter den neuen Tonarten waren auch die beiden, die unserem heutigen Dur und Moll entsprechen.

Mit dieser Reform des Tonsystems wollte Glarean den abendländischen Kirchengesang in der Tradition der antiken Musiktheorie verankern. Die vermeintliche Kontinuität vom Altertum bis zum gregorianischen Choral sollte in den Augen Glareans dessen unverbrüchliche Wahrhaftigkeit aufzeigen.

Auch wenn man heute annimmt, dass seine Moduslehre nur begrenzten Einfluss auf die Musik seiner Zeit hatte, genoss Heinrich Glarean aufgrund seiner wissenschaftlichen Kommentare und Lehrbücher in ganz Europa einen herausragenden Ruf.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 24. März 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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