BR-KLASSIK

Inhalt

Lauda Volkstümlicher Lobgesang

Sie ist ein populäres Genre des nicht liturgischen geistlichen Gesangs im Italien des späten Mittelalters und der Renaissance und hat Ausläufer bis in die Gegenwart – die Lauda, ein schlichter Lobgesang.

Karfreitagsprozession auf der Piazza di San Marco | Gemälde 18 Jahrhundert | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Lauda, Lauda, Laudé! Lauda, Lauda di da di day…" Mit diesen Worten endet der so genannte "Simple Song" aus der 1971 entstandenen Messe von Leonard Bernstein.

Es ist ein schlichter Lobpreis Gottes im populären Tonfall eines Broadway-Songs und knüpft doch an eine alte Form an. Es ist die der Lauda. Das italienische Wort leitet sich her vom lateinischen Laus, Laudis (das Lob). Als musikalischer Fachbegriff steht Lauda für einen Lobgesang, zumeist in italienischer, seltener in lateinischer Sprache. Textlich und musikalisch hat die Lauda charakteristische Merkmale: Sie ist geistlichen Inhalts, aber nicht liturgisch gebunden, ihre Dichtungen sind volkstümlich, und ihre Melodik ist leicht fasslich und eingängig. Die melodischen Strukturen weisen dabei nicht selten weniger auf den Gregorianischen Choral zurück als auf das moderne Dur voraus. So hat beispielsweise die einstimmige Lauda "Regina sovrana" (Erhabene Königin) eine Melodie, die geradezu aus einem Italo-Schlager der 1950er Jahre stammen könnte.

Laudesi und Geißler

"Regina sovrana" stammt von einem unbekannten Komponisten des 13. Jahrhunderts. In dieser Zeit entstand die Lauda in den Stadtstaaten Mittelitaliens, und zwar als eine nicht-höfische und nicht-klerikale Kunst der Stadtbevölkerung, die gewissermaßen den Ausdruck ihrer Religiosität außerhalb der Kirche suchte. Getragen wurde diese Lauda-Kultur vor allem von den Bruderschaften der Laudesi und der Bewegung der Geißler, die sich in öffentlichen Prozessionen selbst auspeitschten und dazu Laude sangen:

Von der Lauda zum Oratorium

In ihren Anfängen ist die Lauda einstimmig, im 15. und 16. Jahrhundert wird die Drei- und Vierstimmigkeit zur Regel. Die Lauden in Dialogform - gewissermaßen als auskomponiertes Zwiegespräch von biblischen oder allegorischen Gestalten - wurden dabei zu einer Keimzelle bei der Entstehung des Oratoriums. Der wohl bedeutendste Komponist von Lauden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war Giovanni Animuccia. Seine Stücke wurden nicht nur vom Oratorienkreis um Felippo Neri rezipiert, sondern auch von Giovanni Pierluigi da Palestrina und anderen Meistern der Vokalpolyphonie... Die Lauda - Volkskunst als Anreger von Hochkunst.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 7. April 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player