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Lochamer-Liederbuch Musikhandschrift des 15. Jahrhunderts

Es ist ein Schatz, der von der frühen deutschen Liedkunst erzählt: die nach einem späteren Besitzer benannte Handschrift, die hauptsächlich anonyme Lieder enthält, die zum Teil noch heute gesungen werden.

Lochamer-Liederbuch | Bildquelle: © gemeinfrei | Berlin, Staatsbibliothek

Bildquelle: © gemeinfrei | Berlin, Staatsbibliothek

Das Lochamer-Liederbuch. Dahinter verbirgt sich musikhistorisch höchst Bedeutsames. Es stellt eine Sammlung von Liedern dar, eine Liederhandschrift des 15. Jahrhunderts und als solche eine der frühesten Sammlungen deutscher Lieder mit Melodien. Zumeist wird die Sammlung sogar als "das erste deutsche Liederbuch überhaupt" bezeichnet.

Korrekt müsste es heißen "das erste erhaltene deutsche Liederbuch". Wohl um 1452 wurde es in Nürnberg geschrieben, Nachträge datieren aus den 1460er Jahren. Benannt ist das Lochamer-Liederbuch nach einem frühen Besitzer der Handschrift - dem Nürnberger Wolflein von Lochamer.

RÄTSEL UM DIE KOMPONISTEN UND TEXTDICHTER

Im Einzelnen enthält das Lochamer Liederbuch fast 50 Lieder in andeutend oder streng mensuraler Notation. Die meisten dieser Lieder sind einstimmig, manche auch zweistimmig oder dreistimmig. Hinzu kommen rund 30 Instrumentalstücke.

Ob Instrumental- oder Vokalsatz - für nahezu alle Stücke gilt, dass sie anonym überliefert sind, ohne Angabe eines Textdichters oder Komponisten. Nur drei Stücke lassen sich prominenten Namen zuordnen. Es sind dies: Oswald von Wolkenstein, der Mönch von Salzburg und Gilles Binchois.

WELTLICHE THEMEN

Thematisch entstammen die Lieder nicht der höfischen oder klerikalen Sphäre. Sie stehen für eine deutsche bürgerliche Liedkunst.

Diese beschwört etwa den Frühling, oder handelt von den Beschwernissen des Alltags. Und diese Liedkunst besingt natürlich auch und vor allem die Minne, die Liebe, manchmal zart und innig und introvertiert, und dann wieder derb und grobschlächtig, mit unverhohlen erotischen Anspielungen.

NACHWIRKUNGEN BIS IN DIE GEGENWART

Das Lochamer-Liederbuch, geschrieben in Nürnberg unmittelbar nach der Mitte des 15. Jahrhunderts, ist ein Kompendium der bürgerlichen Musik seiner Zeit. Doch es wirkt nach bis in die musikalische Realität unserer Tage. Das Lied "All mein Gedancken dy ich hab" war einst nur ein Beispiel von vielen für bürgerliche Liedkunst. Heute ist es längst zum Volkslied geworden - ein Stück aus dem Lochamer-Liederbuch, der zu einem Klassiker für alle Zeiten wurde.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 23. September 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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