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Ludger Rémy Komponist, Priester und wichtiger Wegbereiter des Oratoriums

Es gibt wenige Musiker, die so mit einem einzelnen Komponisten verbunden sind wie Ludger Rémy mit Carl Philipp Emanuel Bach. Nicht zuletzt hat er sein eigenes Ensemble nach "Philippe" benannt.

Ludger Rémy | Bildquelle: ludger-remy.de

Bildquelle: ludger-remy.de

Lange war sich Ludger Rémy sicher, er würde Tierarzt werden. Dass er Klavier spielte, war zwar schön, aber brotlose Kunst, so die familiäre Einstellung. Erst nach dem Abitur kam die Idee auf, das Studium an einer Musikhochschule zu verbringen. Schließlich studierte er Schulmusik, Klavierpädagogik und für ihn dann auch wegweisend: Cembalo, und das in einer Zeit, in der die so genannte Historische Aufführungspraxis zwar nicht mehr völlig neu war, aber doch noch in den Kinderschuhen steckte.

EIN ACHTUNDSECHZIGER

Und in der auch so manch anderes im Umbruch war. Für Ludger Rémy hingen diese Bewegungen zusammen:

"68 ist für mich, wenn man es so versteht, wie ich es verstanden habe, eine Zeit der Erneuerung gewesen. Ich denke auch, dass die Zeit, in der diese Art des Musizierens – die Gedanken Harnoncourts, die Gedanken Leonhardts – die plötzlich Raum griffen, ja komischerweise auch in dieser Zeit passiert. Es ist eine sehr spannende Zeit des Umbruchs, und darum trage ich den 68-er auch als alter Musiker ganz bewusst vor mir her. Für mich hat die Alte Musik etwas mit, ich will nicht sagen, mit Protest, aber mit dem Versuch, anders weiterzugehen, anders zu denken, zu tun. Ich sehe diese Alte-Musik-Bewegung nicht rein künstlerisch, das würde mich, als Sohn eines Tierarztes, überhaupt nicht interessieren, sondern ich sehe sie u. a., von damals gesehen, auch irgendwie politisch." Ludger Rémy

NEUE HEIMAT: MICHAELSTEIN UND DRESDEN

Als Dirigent übernimmt er das Telemannische Collegium Michaelstein, mit dem er – wie auch in kleineren Kammermusikbesetzungen – seinen Schwerpunkt, die deutsche Musik des 18. Jahrhunderts, vertieft. Ab 1998 ist er Professor an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden; diese Professur ist angesiedelt in der Musikwissenschafts-Abteilung und nicht in der Praxis, worauf Ludger Rémy großen Wert legt: die Symbiose aus Theorie und Praxis, ein wissenschaftlich untermauertes Spiel, ist ihm wichtig, sie zeichnet seine Interpretationen aus.

CARL PHILIPP EMANUEL BACH

Auch ein eigenes, dem Originalklang verpflichtetes Orchester, gründet er, mit dem expliziten Ziel, die Musik von Carl Philipp Emanuel Bach aufzuführen. "Les Amis de Philippe" nennt Ludger Rémy sein Orchester, "Philipps Freunde". Es darf hier aber gerne auch an einen anderen Philipp gedacht werden: Georg Philipp Telemann. An Carl Philipp Emanuel Bach liebt er dessen "intellektuell-gesteuerte Spontaneität":

Sein (C. Ph. E. Bachs) erklärtes Ziel ist, einen Hörer von jetzt auf gleich vom einen Gefühl zum anderen zu reißen. Einen Affekt zu erregen, ihn sauer zu machen, dann wieder zu befriedigen, und friedlich zu machen. Also: Ich will etwas spontan. So wie der Mensch ein spontanes Wesen ist, und er versucht es mit dem Verstand. Ludger Rémy

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 4. Februar 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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