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Niccolò Jommelli Bedeutender Opernkomponist

Wenn das Publikum den Atem anhält, dann passiert auf der Bühne meist etwas Außergewöhnliches – so wie in Rom im 18. Jahrhundert, als Niccolò Jommelli durch geschickte Instrumentierung Spannung und immer noch mehr Spannung aufbaute.

Niccolò Jommelli | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Er ist außerordentlich korpulent und hat im Gesichte etwas Händeln Ähnliches, doch ist er weit höflicher und sanfter in seinem Betragen. Ich fand ihn in seinem Schlafrocke, er saß bei einem Flügel und schrieb." Charles Burney

So beschreibt der britische Musikschriftsteller Charles Burney Niccolò Jommelli bei einem Hausbesuch in dessen Alterssitz in Neapel 1770. Da stand der hochgeachtete Komponist kurz vor seinem ersten Schlaganfall, hatte noch knapp vier Jahre zu leben und blickte auf eine große Komponistenkarriere zurück. Rund 220 Bühnenwerke hat er geschaffen, darunter etwa 100 Opern.

EINE EUROPÄISCHE OPERN-KARRIERE

Als Sohn eines wohlhabenden neapolitanischen Tuchhändlers erhielt Niccolò Jommelli eine erstklassige musikalische Ausbildung, debütierte 1737 erfolgreich in Neapel mit einer komischen Oper, 1740 in Rom mit einer Opera seria, komponierte fortan für alle führenden Bühnen Italiens und später dann ganz Europas. Jommelli war Leiter eines berühmten Ospedale in Venedig, komponierte für den Kaiserhof in Wien, war Vizekapellmeister am Petersdom in Rom, wurde von zahlreichen europäischen Fürsten als Opernkomponist umworben und ging schließlich hochbesoldet an den württembergischen Hof nach Stuttgart und Ludwigsburg. Dort installierte Herzog Carl Eugen eines der prächtigsten Theater seiner Zeit. Für Jommellis Prunkoper "Fetonte" etwa wurden nicht nur internationale Starsänger, sondern auch 400 Statisten und hundert Pferde aufgeboten.

(HEUTE VERGESSENES) GENIE

Der Schriftsteller und Musikkenner Christian Daniel Schubart etwa hielt Niccolò Jommelli für eines der größten musikalischen Genies, die jemals gelebt haben.

"Dieser unsterbliche Mann brach sich, wie alle Geister ersten Rangs, eine ganz eigene Bahn. Sein höchst feuriger Geist blickt aus allen seinen Sätzen hervor: Brennende Imagination, gleißende Phantasie, großes harmonisches Verständnis, Reichtum melodischer Gänge, kühne stark wirkende Modulationen, eine unnachahmliche Instrumentalbegleitung - all dies macht den hervorstechenden Charakter seiner Opern aus." Christian Daniel Schubart

DIE OPER ALS GESAMTKUNSTWERK

Niccolò Jommellis Bedeutung für die Musikgeschichte ist unbestritten. In seiner Stuttgarter Zeit prägte er einen Opernstil, der die Opera seria um Elemente der französischen Oper bereicherte, wie Chor- und Ensembleszenen und Ballette. Er stärkte die Rolle des Orchesters gegenüber der Singstimme, bevorzugte bei Rezitativen fein instrumentierte Orchesterbegleitungen und erfand das Orchestercrescendo durch das sukzessive Einsetzen der einzelnen Instrumente. Darüber berichtet der Komponist und Musikkritiker Johann Friedrich Reichardt:

"Man erzählet, dass, da Jommelli dieses in Rom zum ersten Male hören ließ, die Zuhörer sich bei dem Crescendo allmählich von den Sitzen erhoben, und bei dem Diminuendo erst wieder Luft schöpften, und merkten, dass ihnen der Atem ausgeblieben war." Johann Friedrich Reichardt

Niccolò Jommelli gilt als wichtiger Anreger für den Klassischen Stil und beeinflusste nicht nur die Komponisten der Mannheimer Schule, sondern auch Wolfgang Amadeus Mozart.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 14. September 2014, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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