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Tarquinio Merula Meister des italienischen Frühbarocks

Tarquinio Merula war ein schwieriger Charakter, streitsüchtig und von Schicksalsschlägen gebeutelt. Doch als Meister des italienischen Frühbarocks nimmt er eine Schlüsselstellung ein. Seine Musik strahlt wider Erwarten besondere Lebensfreude aus.

Dom von Cremona in Italien | Bildquelle: gemeinfrei

Bildquelle: gemeinfrei

Tarquinio Merula gilt als eine der Schlüsselfiguren des italienischen Frühbarocks. Doch über seine musikalische Ausbildung weiß man nur wenig. Nach dem frühen Tod seines Vaters wuchs Tarquinio bei seinem 25 älteren Halbbruder in Cremona auf, einem hochgebildeter Kleriker. Der förderte schon früh das musikalische Talent des Waisen und ließ ihn das Orgelspiel lernen. Tarquinio Merula fand schon in jungen Jahren eine Anstellung als Organist in Cremona und ließ bereits als 20-Jähriger sein Opus eins mit Canzoni drucken. Danach war er fünf Jahre lang Organist in Lodi und ging für weitere fünf Jahre als Hoforganist von König Sigismund III. nach Warschau.

Selbstbewusst und undiplomatisch

1626 kehrte Merula nach Italien zurück und bleib für den Rest seines Lebens in der Lombardei. Der selbstbewusste Musiker, dem es an diplomatischen Fähigkeiten mangelte, geriet des Öfteren in Streit mit Kollegen, Schülern und Vorgesetzten. Das führte dazu, dass er alle paar Jahre die Stelle als Organist und Konzertmeister zwischen Bergamo und Cremona wechseln musste. Vielleicht hatten Merula aber auch der frühe Tod seiner Frau und drei seiner Kinder verbittert, die innerhalb weniger Wochen von der Pest dahingerafft wurden. Merula dagegen erreichte das damals hohe Alter von 70 Jahren. Bis zuletzt arbeitete er im Dom zu Cremona.

Vom Psalm bis zur Motette

Als Kirchenmann hat Tarquinio Merula rund hundert Werke in allen wichtigen liturgischen Gattungen der Zeit komponiert, vom Psalm bis zur Motette. Doch noch wichtiger ist sein Beitrag zur weltlichen Musik, die oft vor Lebensfreude sprüht, was man bei Merulas sperrigem Charakter nicht unbedingt vermutet hätte. Gerade das machte ihn in den letzten Jahren wieder populär bei Interpreten alter Musik. Ein Merula-Evergreen bis heute ist seine kleine Ciacona.

Meister des Generalbasses

Weil Cremona dank der Familie Amati bereits im 16. Jahrhundert ein Zentrum des Baus von Streichinstrumenten war, hat Merula eine Menge Instrumentalmusik komponiert. Denn die Nachfrage war groß bei musikalischen Adligen und Patriziern. Er war ein Meister des Generalbasses, der über groovendem Beat seine Melodielinien setzte. Stark interessiert an modernen Kompositionstechniken entwickelte Merula eine Reihe musikalischer Formen weiter, die die Barockmusik prägten, wie Kammersonate, Sinfonia, Kantate und Arie. Gerade in der Vokalmusik wollte er nicht nur den Inhalt eines Gedichts nachzeichnen, sondern kommentieren, Ungesagtes verdeutlichen oder ironisch brechen. Tarquinio Merula war auch einer der ersten, der Arie und Rezitativ voneinander trennte.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 30. Dezember 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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