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Viola da Gamba Historisches Streichinstrument

Ihren Höhepunkt erlebte die Viola da Gamba zweifelsohne in Frankreich, im Umfeld Ludwig XIV. Doch auch in Spanien, England oder Deutschland war sie ein beliebtes Instrument der Renaissance- und Barockzeit, insbesondere, wenn sie im Consort gespielt wurde.

'Musikstilleben' Gemälde von Franz Friedrich Franck | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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"Es ist ohne Zweifel, dass, wenn man alle Instrumente darauf vergleicht, welches der Stimme am nächsten kommt, dann darf man der Gambe den ersten Preis nicht verwehren. Sie imitiert die Stimme in jedem Tonfall und jeder wesentlichen Schattierung, sei es Trauer, sei es Freude. Denn der Bogen hat einen Strich, der beinah lang genug ist, um dem Atem der Stimme gleichzukommen, so kann er deren Frohsinn imitieren, die Traurigkeit, Beweglichkeit, die Süße, die Stärke durch die Lebendigkeit, die Mattigkeit, Schnelligkeit, den Trost und Beistand."

INTIMES SPIEL STATT OFFENSICHTLICHER VIRTUOSITÄT

Dieses ultimative Lob auf die Viola da Gamba findet sich in dem 1636 erschienenen Hauptwerk "Harmonie Universelle" des französischen Musikwissenschaftlers Marin Mersenne. Schon immer ist die Gambe berühmter für introvertierten, sonoren Klang als für extrovertierte Brillanz. Dafür steht eher die Geige, die zeitgleich mit ihr auftaucht. Die Gambe entsteht im 15. Jahrhundert, vermutlich in Spanien, und zwar als Familie. In sämtlichen Größen und Stimmlagen gibt es sie, von der kleinen Diskantgambe über die Alt- oder Tenorgambe bis hin zur großen Bassgambe. Allen Instrumenten ist eines gemeinsam: ihre Spielweise. Denn wörtlich übersetzt heißt Viola da Gamba "Beingeige", in Deutschland findet sich auch die Bezeichnung "Kniegeige". Anders als die Armgeigen können die Gamben nur im Sitzen gespielt werden. Der Spieler stellt den Holzkorpus je nach Größe entweder auf seinen Schoß oder klemmt ihn sich zwischen die Beine, wobei der Hals nach oben zeigt. Den Bogen hält er im Untergriff, also mit der Handfläche nach oben. Im Gegensatz zu den später aufkommenden Violoncelli haben die großen Gamben keinen Metallstachel, um sie auf dem Boden abzustellen; sie werden auf den Waden des Spielers abgestützt.

BLÜTEZEIT IM BAROCK

Mit der Vertreibung der Juden aus Spanien verbreitet sich die Viola da Gamba Ende des 15. Jahrhunderts nach Italien und England, Frankreich und Deutschland. Hier ist es ein Händler der Fugger, der 1571 sechs Gamben aus englischer Herstellung für den Hof in München kauft. Gerade in Deutschland bleibt die Viola da Gamba eher das Instrument des Adels für den privaten Salon - Fürsten wie Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg, Max Emanuel von Bayern oder Friedrich Wilhelm von Preußen beherrschen ihr Spiel. Dass die Gambe in elitären Kreisen auch ein Statussymbol ist, zeigt ihre teilweise prunkvolle Ausstattung. Anstelle der Schnecke finden sich aufwändig geschnitzte Löwen-, Drachen- oder Engelsköpfe, der Korpus ist mit Intarsien, Schnitzereien, Bemalungen oder Vergoldungen geschmückt. Beliebt in Europa ist die Gambe wegen ihrer Vielseitigkeit.

Während man in England die Consortmusik mit mehreren Gamben schätzt, erkunden in Frankreich Solisten wie Sainte-Colombe oder Marin Marais die virtuosen Möglichkeiten des Instruments bis an seine Grenzen.

Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 19. September 2020, 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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