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Benjamin Britten Symphonie für Cello und Orchester op. 68

"Wenn Du möchtest, dass ich mich wieder vollständig erhole", schrieb der von einer Krankheit fast genesene Mstislav Rostropowitsch im März 1962 an Benjamin Britten, "dann besuche bitte den Arzt, dessen Adresse lautet: The Red House, Aldeburgh, Suffolk. Nur wenn er ein brillantes Cellokonzert komponiert, werde ich wieder richtig gesund." Der "Arzt" war natürlich niemand anderes als Britten selbst. Am 3. Mai 1963 war es soweit: Britten vollendete seine "Symphony for Cello and Orchestra". Susanne Herzog hat mit dem Cellisten Daniel Müller-Schott über das Werk gesprochen.

Benjamin Britten und Mstislaw Rostropowitsch | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Das starke Stück zum Anhören

Daniel Müller-Schotts Lehrer Mstislav Rostropowitsch schloss das Werk von der ersten Note an ins Herz: "Das Beste was je für Cello komponiert wurde" schrieb er an Britten, nachdem der ihm den ersten Satz geschickt hatte: Die Uraufführung dann fand am 12. März 1964 in Moskau statt: Rostropowitsch spielte selbstverständlich den Cellopart, am Pult des Moskauer Philharmonischen Orchesters stand Benjamin Britten. Jahrzehnte später hat Rostropowitsch sein Wissen und seine Eindrücke von der Arbeit mit Britten an seinen Schüler Daniel Müller-Schott weitergegeben.

Die Partitur vorgelebt

Jahrzehnte später hat Rostropowitsch sein Wissen und seine Eindrücke von der Arbeit mit Britten an seinen Schüler Daniel Müller-Schott weitergegeben. "Vor allem hat er die ganze Fantasie unglaublich angeregt", erinnert sich Müller-Schott. "Er hat immer Assoziationen zu bestimmten Stellen gehabt. Dann hat er natürlich viel über den Komponisten erzählt, und sich oft ans Klavier gesetzt. Im Grunde hat er mir die Partitur regelrecht vorgelebt. Das war für mich völlig neu als junger Cellist und hat unglaublich viele Türen für mich geöffnet."

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Waches Kommunizieren

Der Cellist Daniel Müller-Schott | Bildquelle: Uwe Arens Daniel Müller-Schott | Bildquelle: Uwe Arens "Wie Du siehst, wird es ein ziemlich großes Stück – ähnlich einer Symphonie", schrieb Benjamin Britten an Rostropowitsch. "Ich frage mich, ob es nicht besser konzertante Symphonie heißen sollte." Aus dem ursprünglich bestellten Cellokonzert, wurde schließlich dann eine "Symphony for Cello and Orchestra". Die Anlage, Struktur und Architektur der Musik sind also symphonisch angelegt. "Das ist nicht in diesem klassischen Sinne ein Konzert, in dem sich der Solist jetzt besonders virtuos in den Vordergrund spielen kann, sondern ist eben sehr verzahnt auf symphonischer Ebene", erklärt Daniel Müller-Schott. "Das macht es sehr reizvoll, aber auch nicht ganz einfach, weil man eben mit dem Orchester und auch mit dem Dirigenten extrem gut kommunizieren muss, damit diese Stimmen, die so oft sehr verzahnt sind, wirklich auch akustisch sehr gut rausgearbeitet werden."

Im Grunde hat er mir die Partitur regelrecht vorgelebt.
Daniel Müller-Schott über seine Arbeit mit Mstislav Rostropowitsch an Britten Cello-Symphonie

Eine Anklage am Anfang

Der Anfang des ersten Satzes ist besonders ausdrucksstark komponiert. "Für mich wirkt es wie eine Anklage", beschreibt Müller-Schott diese Musik: "Das Orchester gibt immer wieder, gerade auch in den tiefen Bassinstrumenten, eine Art ächzenden Ton von sich und das Cello antwortet darauf mit diesen ganz massiven und monumentalen Akkorden am Anfang. Das ist eine sehr verzweifelte Aussage des Instruments – und die wird dann noch gesteigert durch die Lage, die sich dann immer weiter erhöht."

Anklänge an englischen Barock

Unruhig, düster mutet der zweite Satz an, ein Presto. Daniel Müller-Schott: "Der hat schon was sehr Nervöses an sich. Immer diese Einwürfe vom Cello, die auch mit Dämpfer gespielt werden, die eigentlich sehr trocken, sehr leise klingen müssen und dann immer wieder unterbrochen werden von den Akkorden in den Bläsern. Dehr rastlos und ruhelos, das Ganze. Aber der Satz dauert ja auch nicht besonders lang. Bevor man dann wirklich wieder in die symphonische Welt zurückkehrt im dritten Satz."
Und der ist ein Adagio, das wie eine Art Trauermarsch beginnt – "mit einer erstaunlichen Entwicklung dann zur Coda hin", begeistert sich Müller-Schott: "Mehr strahlendes D-Dur bekommt man in der symphonischen Literatur selten zu hören. Das ist ein großer Aufbau und man kann hören, auch von der Harmonik, welche Komponisten Britten besonders fasziniert haben. Dowland beispielsweise, oder Purcell, diese alten barocken englischen Komponisten."

Das Cello darf nicht sterben

Eine Solokadenz steht am Ende des dritten Satzes und leitet zum Finale über: einer Passacaglia. Das Thema spielt eine Trompete, begleitet vom Solocello. Müller-Schott erläutert: "Da muss man auch wirklich als Solist alles, was man klanglich zur Verfügung hat, dem entgegensetzen. Als ich bei Rostropowitsch Unterricht hatte, hat er auch immer gesagt: Nie den Bogen von der Saite nehmen, sonst stirbt das Cello. Das Cello darf nicht sterben. Das hat sich sehr tief eingeprägt bei mir."

Musik-Info

Benjamin Britten:
Symphonie für Cello und Orchester op. 68

Daniel Müller-Schott (Cello)
WDR Sinfonieorchester Köln
Jukka-Pekka Saraste

Label: Orfeo

Sendung: "Das starke Stück" am 19. April 2022, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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