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Der Dirigent Cristian Măcelaru "Musik wirkt am besten in ihrer reinsten Form"

Der rumänische Dirigent Cristian Măcelaru ist kein Neuling am Pult des BR-Symphonieorchesters. Am 13. Juli leitet er das Orchester beim traditionellen Open Air-Event "Klassik am Odeonsplatz" - in einem kontrastreichen Programm mit amerikanischer, französischer und tschechischer Musik. Diese Vielfalt ist genau im Sinne Măcelarus, wie er im Interview verrät.

Der Dirigent Cristian Măcelaru | Bildquelle: Sorin Popa

Bildquelle: Sorin Popa

Der Dirigent Cristian Măcelaru

"Musik wirkt am besten in ihrer reinsten Form"

BR-KLASSIK: Cristian Măcelaru, hier, direkt vor der Residenz, liegt Ihre Bühne für das große Open Air-Konzert am Freitag. Wie gefällt Ihnen der Platz mit der Theatinerkirche auf der einen und dem Hofgarten auf der anderen Seite?

Cristian Măcelaru: Es ist immer eine tolle Gelegenheit, unsere wunderbare Kunst, die wir normalerweise im Inneren entstehen lassen, nach außen bringen zu können. Dadurch können viel mehr Menschen daran teilhaben, die vielleicht keine direkte Beziehung zur klassischen Musik haben. Es ist eine Möglichkeit, die Menschen einzuladen, klassische Musik zu erleben. Ich mag solche Outdoor-Veranstaltungen sehr gern. Das hat auch etwas mit der engen Verbindung zwischen Natur und Musik zu tun. Ein Konzert unter einem herrlichen Himmel, der hoffentlich auch so bleiben wird, ist für alle eine völlig andere Erfahrung - für die Interpreten und für das Publikum.

Wir Musiker müssen eine gemeinsame Vorstellung davon haben, was wir ausdrücken wollen.
Cristian Măcelaru

Proben für die gemeinsame Interpretation

BR-KLASSIK: Sie proben für dieses Konzert allerdings im Herkulessaal. Wie gehen Sie in Ihrer Arbeit auf die unterschiedlichen akustischen Bedingungen ein?

Cristian Măcelaru: In den Proben konzentrieren wir uns darauf, eine gemeinsame Interpretation der Musik zu erarbeiten. Da spielt der Aufführungsort erst einmal keine Rolle. Tonmeister und Technikteam sind bei den Proben dabei. Mit ihnen besprechen wir die klanglichen Möglichkeiten. Wenn wir dann draußen auf der Bühne spielen, werden wir sicherlich einige Stellen nachjustieren. Normalerweise ist das aber gar nicht notwendig. Musik wirkt am besten in ihrer reinsten Form. Wir Musiker müssen eine gemeinsame Vorstellung davon haben, was wir ausdrücken wollen. Wenn man das erreicht hat, ist es nicht mehr so wichtig, ob man drinnen oder draußen spielt. Man versteht die Musik dann so oder so.

Klassische Musik hat schon immer das Wesen der Menschen repräsentiert.
Cristian Măcelaru

BR-KLASSIK: Sie spielen vorwiegend sanfte französische Musik im ersten Teil und dann Dvořáks ganz anders geartete Neunte Symphonie "Aus der Neuen Welt" im zweiten Teil. Eignet sich diese Kombination für ein Open Air-Konzert?

Cristian Macelaru und Emanuel Ax | Bildquelle: BR/Peter Meisel Der Dirigent Cristian Măcelaru | Bildquelle: BR/Peter Meisel Cristian Măcelaru: Ja, weil das ja auch unserer Persönlichkeit entspricht. Es gibt niemanden, der nur eine Seite hat. Klassische Musik hat schon immer das Wesen der Menschen repräsentiert. Sie hat stets versucht, das ausdrücken, was den Menschen ausmacht. Ich finde es fantastisch, dass wir hier eine so große Spannbreite haben. Wir spielen gefühlvolle Musik auf der einen Seite und Tanzmusik auf der anderen - genau das macht die menschliche Existenz aus. Wir können uns hier mit diesem grandiosen Orchester und der großartigen Diana Damrau von einem Extrem zum anderen bewegen. Das Publikum bekommt so von allem etwas. Man muss es machen wie ein Koch: Er überlegt sich auch einen ganz genauen Verlauf seines Menüs: von der Vorspeise bis zur Nachspeise.

Die Reise einer Symphonie

BR-KLASSIK: Dvořáks Neunte Symphonie hat eine Reise zum Thema, nämlich die des Komponisten in die "Neue Welt", also Amerika. Sie persönlich reisen nicht so gerne, zumindest nicht mit dem Flugzeug. Das ist ja für einen Dirigenten nicht so optimal. Wie lösen Sie das für sich?

Cristian Măcelaru: Ich reise nicht gern, aber es ist nun mal notwendig. Allerdings versuche ich, Orte zu finden, an denen ich zur Ruhe kommen kann. Dann höre ich meist Radio, weil ich die menschliche Stimme mag - dazu Hörbücher und Podcasts. Und ja, die Symphonie ist eine Reise. Dabei geht es nicht nur um Dvořáks eigene Heimreise. Es gibt darin ja sehr viele Anspielungen auf seine eigenen nostalgischen Gefühle gegenüber seiner Heimat. Außerdem spielt er immer wieder auf notwendige Entwicklungsschritte in der amerikanischen Musik an, die ihre eigene Sprache erst finden musste. Es ist auch für uns Musiker eine Reise innerhalb dieser Symphonie. Sie tritt zwar nicht so offensichtlich zu Tage, denn sie ist in den stets veränderten Motiven versteckt. Dvořák hat sie verdreht oder auf den Kopf gestellt, aber das Motiv an sich bleibt bestehen und taucht in allen Sätzen immer wieder auf. Diese Symphonie wird also auf allen erdenklichen Ebenen zu einer Reise.

BR-KLASSIK: Am 13. Juli ist das Konzert. Haben Sie eine gute Wetter-App auf Ihrem Handy?

Cristian Măcelaru: Ich habe eine Wetter-App, aber ich schaue nicht drauf, weil ich fest davon ausgehe, dass es schön sein wird.

Sendung: "Leporello" am 11. Juli 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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