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Herbert Schuch über Viktor Ullmann Mit Musik eine Gegenrealität erschaffen

Viktor Ullmann schrieb sein Klavierkonzert 1939, nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag. Trotz des Zweiten Weltkrieges klinge das Stück nicht bedrückt, sagt der Pianist Herbert Schuch.

Pianist Herbert Schuch | Bildquelle: Felix Broede

Bildquelle: Felix Broede

BR-KLASSIK: Können Sie uns die Musik aus dem Klavierkonzert von Viktor Ullmann erklären?

Herbert Schuch: Es ist nicht die Art von Musik, bei der der Hörer sofort die deutschen Truppen einmarschieren hört. Man kann das in dem Sinn nicht wirklich aus der Partitur herauslesen. Der erste Satz ist schon wahnsinnig gehetzt und aufwühlend. Da könnte man schon Parallelen finden, aber dann schreibt Ullmann wieder so einen wunderbaren zweiten Satz, sehr melodisch, sehr weit ausholend. Dann vergisst man schon wieder, wie aufwühlend dieser erste Satz gewesen ist. Der dritte Satz ist dann sehr keck und spielerisch, wie so typische 30er-Jahre Music Hall-Mixklänge. Es ist wirklich ein ganz großes Panoptikum, dass da aufgefächert wird. Vielleicht ein Beispiel dafür, wie man als Künstler eben auch durch Musik eine Gegenrealität schaffen kann. Das Stück ist gar nicht so bedrückt.

BR-KLASSIK: 2012 haben Sie das Stück mit dem WDR-Sinfonieorchester eingespielt. Was hat sich seitdem verändert? Gehen Sie anders heran?

Herbert Schuch: Ich versuche, eben so frei wie möglich zu sein, was aber bei diesem Stück auch ganz gut möglich ist. Es bietet vielleicht nicht dieselbe Entwicklungsmöglichkeit wie ein Stück von Beethoven oder eines von Mozart.

BR-KLASSIK: Warum?

Herbert Schuch: Das liegt daran, dass es pianistisch nicht so wahnsinnig virtuos oder aufwendig geschrieben ist. Der Klavierpart erinnert mich eher an einen Orchesterauszug und gibt wahnsinnig viel her. Man kann sich auf jeden Fall austoben. Es gibt viele Stellen, die rhythmisch viel Energie haben, da kann man ganz ungehemmt über das Klavier herfallen. Das macht riesigen Spaß, auch mit diesen jungen Musikern. Denen gefällt das auch sehr gut. Dann ist natürlich eine super Stimmung auf der Bühne.

BR-KLASSIK: Nach der Tournee geben Sie zwei Recitals in Bayern, mit Bach, Beethoven und Brahms. Wie haben Sie da die Auswahl getroffen?

Herbert Schuch: Einen roten Faden gibt es in dem Sinne nicht. Ich wollte tatsächlich gerne einen Abend mit den drei großen „B's“ machen. Die Sonate op. 111 von Beethoven ist immer etwas ganz Besonderes und ich denke, dass sie zum späten Brahms auch ganz gut passt. Aber es ist nicht eines meiner Programme, bei denen die Stücke wirklich auch inhaltlich miteinander verschränkt sind.  

Konzerte mit Herbert Schuch in Bayern

19. Januar 2016: Aschaffenburg, Stadthalle
Klavierkonzert von Viktor Ullmann mit dem Bundesjugendorchester unter Michael Sanderling

20. Januar 2016: Polling, Bibliothekssaal
21. Januar 2016: München, Herkulessaal
Solo-Abende mit Werken von Bach, Beethoven und Brahms

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