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Münchner Rundfunkorchester mit Beethovens "Leonore" Fidelios ältere Schwester

Beethovens einzige Oper kennt man unter dem Titel "Fidelio" - und zwar in der dritten Fassung von 1814. Aber wie klingt die Urfassung von 1805, die sich noch stärker als die Endversion am Modell der französischen Rettungsoper orientiert? Dirigent Mario Venzago präsentierte am 20. November gemeinsam mit dem Münchner Rundfunkorchester diese in mancher Hinsicht überraschend wirkende Version. Und zwar unter dem von Beethoven bis zuletzt bevorzugten Titel "Leonore". Christiane Libor, die als Fidelio-Leonore vielfach auf der Bühne stand, sang auch in dieser speziellen Fassung die Titelpartie.

Szene aus dem Theatre Lyrique Beethovens "Leonore" bekannt unter der dritten Fassung "Fidelio" | Bildquelle: wikimedia commons

Bildquelle: wikimedia commons

"Fidelio" war und blieb sein Schmerzenskind: Ausgehend von einer wahren Begebenheit aus der Zeit der Französischen Revolution und dem darauf basierenden Historienstück "Léonore ou l’amour conjugal" hatte Beethoven mit seiner "Leonore" eine persönliche Vision von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit formuliert. Das ursprünglich dreiaktige Werk kam im November 1805 in Wien zur Uraufführung. Die Präsenz von Napoleons Truppen verleidete jedoch den meisten Wienern den Theaterbesuch und den musikinteressierten französischen Offizieren dürfte eine gegen Unterdrückung rebellierende "Befreiungsoper" schon rein inhaltlich suspekt gewesen sein.

Sieg der Freiheit über die Tyrannei

Anna Pauline Milder-Hauptmann sang 1805 die Titelrolle in der Uraufführung von Beethovens "Leonore" sowie in der zweiten und dritten Fassung 1806 und 1814 | Bildquelle: wikimedia commons Anna Milder-Hauptmann spielte die erste Leonore | Bildquelle: wikimedia commons Nach drei Vorstellungen wurde das Werk abgesetzt und Beethoven begann mit seiner Revisionsarbeit, nach deren Abschluss nicht weniger als drei Opernfassungen und vier Ouvertüren vorlagen! Beethoven war überzeugt, sich durch die mühselige Beschäftigung mit dem mittlerweile "Fidelio" betitelten Werk die "Märtirerkrone" verdient zu haben, und schrieb nach der letzten Umarbeitung 1814: "Die Oper Fidelio vom März bis 15. Mai neu geschrieben und verbessert."
Ob die Oper während ihrer zehnjährigen Metamorphose wirklich nur "verbessert" wurde, das stellt das Münchner Rundfunkorchester unter Mario Venzago nun durch eine Aufführung der selten gespielten "Ur-Leonore" von 1805 zur Diskussion. Im Vergleich mit der uns bekannten Fassung wird deutlich, wie Beethoven durch dramaturgische Straffungen, musikalische Überarbeitungen und Textveränderungen nicht nur die Beziehungen der Figuren untereinander modifizierte, sondern sich schrittweise immer weiter vom Modell der französischen Rettungsoper samt ihrem konkreten historischen Umfeld entfernte und den Stoff zum symbolischen Sieg der Freiheit über die Tyrannei idealisierte. Ein spannender Blick auf die Genese von Beethovens einziger und einzigartiger Oper!

Infos zum Konzert

Sonntag, 20. November, 19.00 Uhr
München, Prinzregententheater

Ludwig van Beethoven:
"Leonore", Oper in drei Akten - Urfassung des "Fidelio" (konzertant)


Christiane Libor, Sopran - Leonore, Florestans Gemahlin, unter dem Namen Fidelio
Christina Landshamer, Sopran - Marzelline, Roccos Tochter
Michael König, Tenor - Florestan, ein Gefangener
Robin Tritschler, Tenor - Jaquino, Pförtner
Kay Stiefermann, Bariton - Don Pizarro, Gouverneur eines Staatsgefängnisses
Jan-Hendrik Rootering, Bassbariton - Don Fernando, Minister
Scott Wilde, Bass - Rocco, Kerkermeister
Q-Won Han, Tenor - Erster Gefangener
Wolfgang Klose, Bass - Zweiter Gefangener

Chor des Bayerischen Rundfunks
Stellario Fagone, Einstudierung
Münchner Rundfunkorchester
Leitung: Mario Venzago

Live-Übertragung auf BR-KLASSIK

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