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Johann Sebastian Bach Sonate für Violine solo a-Moll

Violinisten zögern, wenn es ums Aufnehmen von Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo aus dem Jahr 1720 geht. So groß ist der Respekt vor diesen Werken. Über die Sonate Nr. 2 in a-Moll hat Ulrich Möller-Arnsberg mit Gil Shaham gesprochen.

Komponist Johann Sebastian Bach | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Das Starke Stück

Bach - Sonate für Violine solo a-Moll

Mit einem schwermütigen Grave beginnt Johann Sebastian Bachs Violinsolosonate in a-Moll. Unmittelbar vermittelt sich die Trauer, die der Komponist empfunden haben mag, als er diese Musik schrieb. Im Jahr 1720 war er von einer zweimonatigen Reise aus Karlsbad nach Köthen zurückgekehrt, wo seine Frau Maria Barbara nach kurzer schwerer Krankheit gestorben war.  

Durchdachtes harmonisches Geflecht

Bei aller Getragenheit in Form und Aufbau spiegelt dieser Sonatensatz gleichermaßen eine filigrane Feinsinnigkeit wieder. Und offenbart darüber hinaus ein raffiniert durchdachtes harmonisches Geflecht. Bach lässt die Violine auf kunstvolle Weise sich selbst begleiten. Für Gil Shaham sind Bachs Solosonaten und Partiten die Herausforderung für einen Profigeiger schlechthin: "Ich hatte immer eine große Scheu vor diesen Werken", bekennt der Musiker. "Vielleicht sogar ein bisschen Angst, sie vor Publikum zu spielen und dafür beurteilt zu werden. Wie so vielen anderen Musikern ist mir dann klar geworden, dass es keine größere Freude gibt, als Bach zu spielen. Wir Geiger können uns glücklich schätzen, dass es diese Sonaten und Partiten gibt."

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Wenig Anhaltspunkte für die Interpretation

Wie im Falle der anderen Sonaten und Partiten von Johann Sebastian Bach, so finden sich auch bei der a-Moll-Sonate im Urtext kaum Angaben des Komponisten zur Interpretation. Gil Shaham zieht daher bei der Frage, welche Tempi er wählen sollte, andere Werke Bachs zu Rate - etwa im Fall des zweiten Satzes, der als Fuge ausgearbeitet ist. "Man kann die Fuge in dieser Sonate mit der Fuge in einer der Orchestersuiten vergleichen. Sie sind beide im 'alla breve' und im 'Allegro' notiert. "

Von Schwer zu Leicht

Meisterklasse mit Gil Shaham am 25.06.2104 | Bildquelle: Astrid Ackermann Gil Shaham | Bildquelle: Astrid Ackermann Angelehnt an die Form der Sonata da Chiesa, der frühen Kirchensonate, hält sich Bach in seinen Violinsolosonaten an die Satzfolge langsam - schnell - langsam - schnell. Von der Dramaturgie verläuft der Spannungsbogen dabei vom dunklen, getragenen Duktus des Eröffnungssatzes zum hell beschwingten Charakter des Schlusssatzes. In der a-Moll-Sonate vermittelt ein Andante an dritter Stelle diesen Übergang vom schweren Gestus zur leichten Empfindsamkeit. Die trostsuchende Innerlichkeit des ersten Satzes weicht hier einer positiven Zuversicht - was Bach auch harmonisch unterstreicht, indem er von der Sonaten-Ausgangstonart  a-Moll ins freundlichere C-Dur wechselt.

Religiöser Aspekt

Geiger Gil Shaham scheut sich mit allzu eindeutigen Angaben, wie die Musik von Bachs Solosonaten zu interpretieren sei. Der musikalische Gehalt, sagt Shaham, sei nicht zu trennen von dem religiösen Aspekt dieser Musik. Eben dies, so findet er, mache ein Stück wie die a-Moll-Sonate so einzigartig und bedeutend: "Ich sehe im Verlauf auch einen spirituellen, religiösen Bogen, der sich mit der heiligen Schrift auseinandersetzt. Man könnte soviel zu diesem Stück sagen. Wir Interpreten können uns mitunter nur schwer vorstellen, was in einem Komponisten vorgegangen sein mag. Man kann nicht sagen, dies oder jenes hat er sich dabei gedacht. Wir können höchstens vermuten, wie es gewesen sein könnte, ohne es ganz genau zu wissen. "

Am Schluss wie befreit

Im abschließenden Allegro wirkt die Musik wie befreit von der Schwere und Getragenheit der vorangehenden Sätze. Das Auf und Ab der in Arpeggien gebrochenen Akkorde wird sogar durch Sechzehntelgruppen und Verzierungen noch beschleunigt. Es ist das Himmelhochjauchzen nach dem "zu Tode betrübt sein", in das sich Bachs musikalische Gedanken hier schließlich entladen.      

Musik-Info

Johann Sebastian Bach:
Sonate für Violine solo Nr. 2 a-Moll, BWV 1003


Gil Shaham (Violine)

Eigenproduktion des BR

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