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Johann Sebastian Bach Brandenburgisches Konzert Nr. 2

Johann Sebastian Bach beherrschte alle Stile, alle Richtungen der Musik – Italienisches und Französisches und Deutsches. Er war ein Universalist und auch ein Komponist von Konzerten, in denen er zeigte, was er unter Konzertieren verstand. Einfach nur Musizieren oder vielleicht doch etwa symbolisch aufgeladenes Gedankenspiel? Wiebke Matyschok hat mit dem Dirigenten Reinhard Goebel über unser heutiges Starkes Stück gesprochen – Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 2.

Porträt Johann Sebastian Bach | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Sendung zum Anhören

"Sechs Konzerte mit mehreren Solo-Instrumenten. Seiner Königlichen Hohheit Herrn Christian Ludwig Markgraf von Brandenburg etc. etc. etc. gewidmet von Seinem untertänigsten und gehorsamsten Diener Johann Sebastian Bach, Kapellmeister Seiner Durchl. Hoheit, des Fürsten von Anhalt-Köthen."
Die Widmung, die Johann Sebstian Bach mit elegant geschwungener Schrift anno 1721 auf das Titelblatt seiner Kompositionenschrieb, war eine Untertreibung. Concerts avec plusieurs instruments. Es waren nicht sechs Konzerte mit mehreren Instrumenten, sondern eine Zusammenfassung dessen, was Bach sich unter musikalischem Wettstreit mehrerer Instrumente vorstellte.

Ein musikalischer Wettstreit

Im zweiten der sechs Konzerte entzündete sich Bachs Fantasie an den Farben von Blockflöte, Oboe, Geige und Trompete. Komponiert hatte er diese Musik vermutlich schon in seiner Zeit am Hof in Weimar. Ein musikalischer Wettstreit war dort 1717 um Bach entbrannt. Seine Dienstherren – zwei musikalische Halbbrüder – intrigierten. Herzog Ernst August – musikalisch: Violine, Trompete – und Prinz Johann Ernst – musikalisch: Violine, Klavier. Ersterer wollte seinen Kapellmeister loswerden, neben dem der Hoforganist Bach nur der Zweite war. Er träumte davon, Georg Philipp Telemann zu engagieren. Doch dafür musste er Bach loswerden. Er dachte an einen Ort in der Provinz und an seinen Schwager Fürst Leopold von Anhalt-Köthen – auch musikalisch: Violine, Gambe, Cembalo, Gesang: Bass. So weit. So intrigant.

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Das zweite Konzert verrät uns etwas über die Anforderungen, die ein deutscher Hofmusiker zu bestehen hatte.
Reinhard Goebel

Vier Wochen Gefängnis

Musiker Reinhard Goebel | Bildquelle: picture-alliance/dpa Reinhard Goebel | Bildquelle: picture-alliance/dpa Und Bach? Hatte irgendwann zwischen allen Stühlen gesessen. Es endete mit einer unehrenhaften Entlassung aus den Diensten Weimars. Bach hatte sich betrogen gesehen um die Siegesprämie in jenem berühmten Orgelwettspiel mit einem Franzosen namens Louis Marchand. Der das Weite gesucht hatte in Dresden, noch bevor er gegen Bach antreten sollte. Bach unterschrieb einen Vertrag mit Köthen. Verlor die Geduld und verlangte seine Entlassung in Weimar. Soviel Halsstarrigkeit endete mit vier Wochen Gefängnis. Zum Rest schwieg die Geschichte. Bach schrieb weiter Musik, nachdem er in Köthen angekommen war – einer Lebensstellung: Königlicher Kapellmeister mit 18 untergebenen Musikern.

Universalisten waren gefragt

Der Dirigent Reinhard Goebel sagt über unser Starkes Stück: "Das zweite Konzert verrät uns etwas über die Anforderungen, die ein deutscher Hofmusiker zu bestehen hatte. Ich glaube nämlich, dass die Musiker – wir wissen es aus Prüfungsordnungen – eine große Anzahl von Instrumenten spielen mussten, um überhaupt bei Hofe angestellt zu sein. Ich glaube, dass ein Bläser oder ein Stadtmusiker des 18. Jahrhunderts sicherlich mal die Oboen-, die Violinen- und die Blockflötenstimme spielen musste."

Meisterwerke aus der Schublade?

Wurde das zweite der Concerts avec plusieurs Instrument für den Hof in Köthen komponiert? Wie bereits angedeutet: vermutlich nicht. Denn eine Widmung an den Markgrafen von Brandenburg von Stücken, die in Diensten eines anderen komponiert wurden, wäre ein Verstoß gegen das Protokoll gewesen. Vermutlich hatte Bach diese Stücke aus der Schublade geholt. Ohnehin hätten die sechs Kammermusiker, die jener Markgraf Christian von Brandenburg in Berlin beschäftigte, das Stück vermutlich auch gar nicht spielen können. Dessen Onkel war nämlich der Soldatenkönig, der hatte 1713 seine Musiker entlassen. Sie hatten in Köthen an einem Musenhof in der Provinz – gelegen aber immerhin an der Hauptpostroute zwischen Hamburg und Leipzig – eine neue Anstellung gefunden. Der königliche Hofkapellmeister Johann Sebastian Bach hatte in Köthen also gute Musiker zur Verfügung.

Musik-Info

Johann Sebastian Bach:
Brandenburgisches Konzert Nr. 2 F-Dur, BWV 1047


Musica Antiqua Köln
Leitung: Reinhard Goebel
Lable: Ean

Sendung: "Das starke Stück" am 22. Juni 2021, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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