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Béla Bartók Violinkonzert Nr. 1

Dem 1. Violinkonzert von Béla Bartók haftet eine kuriose Rezeptionsgeschichte an. Der Komponist schrieb es mit 26 Jahren, uraufgeführt wurde es aber erst nach seinem Tod. Wie konnte es dazu kommen? Ulrich Möller-Arnsberg stellt das Starke Stück zusammen mit der Geigerin Vilde Frang vor.

Porträt Bela Bartok | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Das starke Stück

Bartok - 1. Violinkonzert

Mit einer langen Kantilene des Solisten beginnt das 1. Violinkonzert von Bela Bartok. Das Orchester hat weder - wie in vielen  anderen Konzerten - ein Vorspiel, noch taucht es als Begleiter auf.  Der Solist muss seinen Part erstmal auf sich allein gestellt angehen, bevor das Orchester schließlich wie ein Kammermusikpartner an seine Seite tritt.

"Es fühlt sich unwirklich an. Es ist ein ganz besonderer Einstieg, und er erfordert volle Konzentration. Man muss wirklich mit 100 Prozent dabei sein. Aber wenn einen dieses Stück wirklich anspricht, dann darf dieser Beginn gar kein Problem sein." (Geigerin Vilde Frang)

Fein, transparent, fast kammermusikalisch, begleitet das Orchester die Solovioline, die in der Melodielinie zwischen Zärtlichkeit und Überschwänglichkeit changiert.

Es ist das bald aufflammende, bald wieder beruhigende Gemüt des jungen Béla Bartók, das hier unmittelbar aus seiner Musik spricht.

"Ich falle von einem Extrem ins andere. Ein Brief von Ihnen, sogar eine Zeile, ein Wort von Ihnen macht mich jubeln, ein anderes bringt mich fast zum Weinen, so weh tut es mir. Was wird am Ende davon sein, und wann. Es ist ein ständiger seelischer Rausch." (Béla Bartók in einem Brief an die geliebte Geigerin Stefi Geyer)

Vilde Frang | Bildquelle: BR Geigerin Vilde Frang | Bildquelle: BR Dieses Werk ist so lebendig, so voller Leidenschaft, so rein und aufrichtig. Der erste Satz ist eine der ehrlichsten Liebeserklärungen überhaupt. Bartok ist für mich eine Art Bach des 20. Jahrhunderts. Seine Musik besitzt eine solche Auf­richtigkeit wie kaum eine andere des 20. Jahrhunderts. Die Herausforderung besteht darin, im ersten Satz diese junge Frau zu beschreiben und dann im zweiten Satz ihn selbst, den jungen Mann. Hier wollte er ihr zeigen, wer er wirklich ist und was er kann - mit viel Stolz und Selbstdarstellung.
"Das Faszinierende an Bartok ist für mich diese einzigartige Mischung aus fast religiöser Reinheit und folkloristischer Genialität. Seine Art zu komponieren, erinnert ein bisschen an die Spätromantik, vor allem in diesem Violinkonzert. Man hört immer wieder ungarische Elemente heraus. Meine Beziehung zur ungarischen Musik entstand größtenteils durch Bartok." (Vilde Frang)

Zwar wurde Bartóks 1. Violinkonzert erst 1958 uraufgeführt. Doch hat der Komponist den ersten Satz 1911 in die Orchesterkomposition "Zwei Porträts" übernommen, wo er den Titel "Ein Ideal" trägt, dem ein zweiter Satz "Ein Zerrbild" gegenübergestellt ist. Dieses Werk kann als Bartóks Aufarbeitung der enttäuschten oder der unmöglichen Liebe verstanden werden, wie er sie erlebt haben mag, als er sein Violinkonzert Nr. 1 schrieb.

Musik-Info

Béla Bartók: Konzert für Violine und Orchester Nr. 1

Vilde Frang, Violine
Label: Mitschnitt des Bayerischern Rundfunks vom 3. Februar 2012

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