BR-KLASSIK

Inhalt

Frédéric Chopin Préludes op. 28

In der Klavierliteratur gelten sie als Meisterwerke der kleinen Form: die 24 Préludes op. 28 von Frédéric Chopin. Ein Zyklus durch die zwölf Dur- und Molltonarten nach dem Vorbild der Präludien von Bach, dessen größter Teil 1838 auf Mallorca entstanden ist, während eines Winterurlaubs, den Chopin mit seiner Geliebten George Sand und ihren Kindern auf der spanischen Insel verbrachte. Die polnische Pianistin Ewa Kupiec hat sich mit Chopins Préludes immer wieder befasst und sie schließlich aufgenommen.

Gemälde von Eugene Delacroix (1838) | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Sendung zum Anhören

Nach Mallorca reisen und dem Winter entfliehen. So hatten sich das Frédéric Chopin und seine Geliebte George Sand gedacht, als sie sich Ende des Jahres 1838 einschifften, um auf der spanischen Insel das milde Klima zu genießen. Aber es kam ganz anders. Kalt und verregnet verlief der Aufenthalt. Umso mehr zeigte sich hier die Genialität Chopins, der in der Kartause von Valdemosa allen unwirtlichen Umständen zum Trotz seinen Präludien-Zyklus op. 28 schrieb. Dabei komme es, sagt die polnische Pianistin und Chopin-Interpretin Ewa Kupiec, gar nicht so sehr drauf an, ob historisch erwiesenermaßen alle Préludes auf Mallorca entstanden seien: "Wichtig ist, dass Chopin den Hauptteil dieses Zyklus dort schrieb. Unter schwierigen Umständen. Weil, es benötigte nicht viel, dass Chopin wieder krank wurde. Und fühlte er sich wieder ganz schwach."

Unterschiedliche Charaktere, Emotionen, Farben, Tempi, technische Herausforderungen: Alles kann man in diesem Zyklus finden.
Ewa Kupiec über Chopins Préludes

Aufgeschriebene Improvisationen

Die Pianistin Ewa Kupiec | Bildquelle: Irène Zandel Ewa Kupiec | Bildquelle: Irène Zandel Als Vorbild für Chopins Préludes dienten die Präludien von Johann Sebastian Bach aus dem Wohltemperierten Klavier – ein 24-teiliger Zyklus durch alle zwölf Dur-Tonarten und ihre dazugehörigen zwölf Moll-Parallelen. Chopin fängt bei C-Dur an und bewegt sich im Uhrzeigersinn durch den Quintenzirkel. Aber, sagt Ewa Kupiec, unter den Vorzeichen, die sich eben nur Chopin in seinem einzigartigen Personalstil geben konnte: "Das war die Romantik, das war Chopins freier Geist, sein Genie mit Formen. Er beherrschte die Formen, aber sie waren nur der Ausgangspunkt für seine Visionen. Das ist aufgeschriebene Improvisation. Aber Chopin hat stundenlang an dieser Improvisation, die er aufgeschrieben hat, gearbeitet."

Podcast

"Das starke Stück - Musiker erklären Meisterwerke" gibt es auch als Podcast: Jetzt abonnieren!

Aus Regentropfen werden Tränen

George Sand und Frédéric Chopin, Zeichnung | Bildquelle: picture alliance / dpa | Carola Frentzen George Sand und Frédéric Chopin | Bildquelle: picture alliance / dpa | Carola Frentzen In ihrem Erzählband "Ein Winter auf Mallorca" lässt Chopins Geliebte, die Schriftstellerin George Sand, den Leser unmittelbar an Chopins Schaffensprozess teilhaben – etwa an der Entstehung des "Regentropfen"-Préludes: "Ein Präludium ist darunter, welches ihm an einem scheußlichen Regenabend einfiel und das einem das Herz schwermacht. Als ich ihn aufhorchen ließ, denn man konnte tatsächlich den gleichmäßigen Takt von Tropfen hören, die auf das Dach fielen, bestand er darauf, das nicht gehört zu haben. Er wurde sogar ärgerlich, als ich von Tonmalerei sprach. Im Präludium, das er an jenem Abend komponierte, sind die Regentropfen zwar vorhanden, die auf das Dach der Kartause schlugen, aber sie hatten sich durch seinen tonschöpferischen Geist zu Tränen gewandelt, die vom Himmel auf sein Herz tropften."

Chopins starke Affinität zur klassischen Formgebung

Ganz falsch wäre es, so erläutert Ewa Kupiec, zu glauben, Chopins Préludes wären frei interpretierbar. Nein, sagt sie, bei aller Romantik habe Chopins Musik eine starke Affinität zur klassisch strengen Formgebung. Weshalb bei der Interpretation Vorsicht geboten sei im Umgang mit dem freien Tempo, dem sogenannten Rubato: "Das ist eben die Schwierigkeit, Chopin zu spielen", sagt sie. "Man dehnt das Tempo in einem Takt – oder in einigen Takten – und findet dann wieder ins Tempo zurück. Manchmal spiegelt sich das nur in der linken oder nur in der rechten Hand. Und die andere Hand bleibt im Tempo. Aber das sind Nuancen, sind persönliche Meinungen. Wir wissen wirklich nicht, wie Chopin gespielt hat. 

Die Préludes sind gut als Zugaben geeignet

Für die Pianistin Ewa Kupiec ist der Zyklus von Chopins Préludes zwar ein Werk, das sie gerne im Ganzen vorträgt. Gleichwohl spielt sie auch einzelne Stücke daraus: "Das sind wunderschöne Zugaben. Das beste Beispiel ist wahrscheinlich das Prélude A-Dur. Wo man nur ein paar Takte spielt. Manchmal wird es zu viel nach so einem Chopin-Rezital. Die Emotionen sind so stark, dass man sich wünscht, ein bisschen Sonne, ein bisschen Hoffnung am Ende des Konzerts zu sehen. Und dafür sind die Préludes sehr dankbar."

Musik-Info:

Frédéric Chopin:
Préludes, op. 28


Ewa Kupiec (Klavier)
Label: Schwann Musica Mundi

Sendung: "Das starke Stück" am 07. März 2023 um 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Mehr Solomusik

    AV-Player