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Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 1

Das 1. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven ist eigentlich gar nicht sein erstes. Es entstand nämlich, als das zweite schon fertig war. Fünf Jahre lang feilte Beethoven am Werk, bis er schließlich zufrieden war. Der Pianist Lars Vogt spricht mit BR-KLASSIK über dieses Starke Stück.

Porträt Ludwig van Beethoven | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Sendung zum Anhören

Von ersten abgeschlossenen Skizzen im März 1795 bis zur letzten revidierten Fassung des Soloparts im April 1800 reicht die Zeitspanne, innerhalb der Ludwig van Beethoven immer wieder an seinem C-Dur-Konzert gefeilt hat. Weil es als Opus 15 früher veröffentlicht wurde als das Zweite Klavierkonzert in B-Dur, gilt es heute offiziell als das erste seiner fünf Werke dieser Gattung.

Der Mozart-Nachfolger

Als Beethoven in Wien mit seinen Klavierkonzerten auf den Plan trat, war das Genie Mozart der Stadt bereits entrissen. Da kam der neue Stern am Horizont gerade recht und erarbeitete sich rasch den Ruf eines genialenTalents. Der Mäzen Fürst Karl von Lichnowsky nahm den jungen Beethoven gewissermaßen als Mozart-Nachfolger in seinen Kreis auf.

Der Wille als Dimension

Der Pianist Lars Vogt | Bildquelle: ©Anna Reszniak Lars Vogt | Bildquelle: ©Anna Reszniak Der neue 24-jährige Klaviervirtuose beglückte die Akademie der Tonkünstler-Societät im Wiener Hofburgtheater am 29. März 1795 mit einer ersten Fassung seines C-Dur Klavierkonzertes, dessen Form sich noch an den Vorbildern Haydn und Mozart orientierte. "Natürlich hört man Mozart und Haydn, aber es ist auch vieles schon explizit Beethoven in diesem Werk", erläutert der Pianist Lars Vogt. "Die intensive Rhythmik, die Subito-Dynamik, die immer wieder kommt. Die Dimension 'der Wille'. Häufig gibt es ja bei Beethoven etwas, was durch Willen, durch menschliche Kraft erzielt wird. Bei Mozart ist es mehr eine göttliche, natürliche Fügung."

Das ist eben das Genie, dass man ein einfaches Thema nimmt – und daraus werden die Dinge geformt.
Lars Vogt

Verblüffend wirkungsvolle Einfachheit

So schlicht das Thema des ersten Satzes ist, ein Oktavsprung mit anschließender Skala hin zur Dominante, so verblüffend wirkungsvoll ist es. Diese Einfachheit der Mittel bei größtem Effekt ist typisch für Beethoven, meint Lars Vogt: "Das ist eben das Genie, dass man ein einfaches Thema nimmt – und daraus werden die Dinge geformt. Und in diesem einfachen Thema spiegelt sich unser Lebensschwingen wieder. Und da finden wir uns als Menschen am einfachsten und ehesten wieder." Schon der erste Satz des C-Dur-Klavierkonzertes legt klar: Beethoven, das bedeutet nicht nur große dynamische Gegensätze, die mit bis dahin nicht dagewesener Unbedingtheit und Impulsivität hervortreten. Beethoven bedeutet auch bizarre Gegensätze in der Phrasierung. Wenn etwa die Bläser Legato-Passagen haben, denen der Solist in seinem Klavierpart ein "Staccato" entgegensetzt.

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Erweitertes Orchester

Dem brillianten Solopart steht in Beethovens C-Dur-Klavierkonzert ein symphonisch durchgearbeiteter Orchestersatz gegenüber, wie es ihn in der Gattung Klavierkonzert bis dahin nicht gegeben hat. Auch erweitert Beethoven gegenüber seinem früheren B-Dur-Konzert die Besetzung: Klarinetten, Trompeten und Pauken kommen neu zum bisherigen Orchesterinstrumentarium hinzu.

Starke Kontraste

Ludwig van Beethoven (1770-1828) spielt am Klavier; Gemälde von A. Graeffe | Bildquelle: Blanc Kunstverlag-Süddeutsche Zeitung Photo Ludwig van Beethoven spielt am Klavier; Gemälde von A. Graeffe | Bildquelle: Blanc Kunstverlag-Süddeutsche Zeitung Photo Die einzelnen Sätze von Beethovens Klavierkonzert bilden untereinander starke Kontraste. So folgt dem feurig-heroischen Eröffnungssatz mit der Bezeichnung "Allegro con brio" als zweiter Satz ein extrem lyrisch-zartes Largo, das sich weitestgehend zwischen Piano und Pianissimo bewegt. "Dieser zweite Satz ist wirklich was ganz Besonders", erklärt Lars Vogt. "Der bedeutet in seiner zeitlichen Dimension und ruhigen Ausdehnung wirklich was ganz Neues, im Sinne von: Nicht unter dem Druck stehen, immerfort neue Dinge zu erfinden, sondern einfach ein Thema in Ruhe mal ausbreiten lassen."

Das Finale – kokett und besserwisserisch?

Der dritte Satz von Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 ist geprägt von einer frech-rasanten Tanzmelodie. "Kokett, besserwisserisch, das sind Attribute, die mir dazu einfallen", sagt Lars Vogt zur Musik dieses Satzes. "Da ist immer einer, der sagt 'Nein, nein! ... Doch, doch!' Es ist ein bisschen Spielerei und hat dadurch auch was Opernhaftes."  Der Komponist reizt hier alle Mittel aus, um das Wechselspiel zwischen Orchester und Solist voranzutreiben und zu verdichten.

Tanz in der Puszta

Dieser letzte Satz rundet gewissermaßen die beiden vorangehenden als effekvoller Rausschmeißer ab. Nach heroischem Anfang und verinnerlichtem Zwischenspiel bittet er noch ein bisschen aufs Tanzparkett, so wie es Beethoven in ungarischen Puszta-Scheunen erlebt haben mag.

Musik-Info

Ludwig van Beethoven:
Klavierkonzert Nr. 1 C-dur, op. 15

Lars Vogt (Klavier)
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Mariss Jansons
BR-Eigenaufnahme vom 15.12.2010

Sendung: "Das starke Stück" am 11. Mai 2021, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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