BR-KLASSIK

Inhalt

Wolfgang Amadeus Mozart "Krönungsmesse" KV 317

"Krönungs-Messe" – das klingt einprägsam, das kann man sich merken. Vielleicht war es nicht zuletzt dieser zugkräftige Beiname, der Mozarts C-Dur-Messe KV 317 zu einer seiner beliebtesten Mess-Vertonung gemacht hat. Dabei schrieb Mozart seine sogenannte Krönungsmesse für einen ganz normalen Ostergottesdienst. Gekrönt wurde an Ostern 1779 im Salzburger Dom niemand. Woher der Beiname stammt? Irgendwann muss die Messe mal bei einer Krönung verwendet worden sein. Viel interessanter ist, was es mit Mozarts Musik auf sich hat. Näheres dazu von Bernhard Neuhoff und dem Dirigenten Ton Koopman.

Porträt Wolfgang Amadeus Mozart | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Starke Stücke

Mozart - "Krönungsmesse" KV 317

"Sie wissen, bester Freund, wie mir Salzburg verhasst ist! Salzburg ist kein Ort für mein Talent." Mit Händen und Füßen sträubt sich Mozart – doch es hilft nichts. Nachdem die große Reise nach Mannheim und Paris gescheitert ist, bleibt ihm nur eins: die Rückkehr nach Salzburg in den verhassten Dienst beim Fürst-Erzbischof Colloredo. Mozart meckert: "Ich schwöre Ihnen bey meiner Ehre, dass ich Salzburg und die Einwohner nicht leiden kann; mir ist ihre Sprache, ihre Lebensart ganz unerträglich!"

Eine neue Messe mit Pauken und Trompeten

Dom in Salzburg | Bildquelle: colourbox.com Der Dom in Salzburg. Hier wurde die Krönungsmesse uraufgeführt. | Bildquelle: colourbox.com Erst recht der Erzbischof selbst – pardon: der Erzlümmel, wie Mozart ihn nennt. Der zahlt seinem aufsässigen Hoforganisten 450 Gulden im Monat – und bekommt dafür frische Kompositionen. Im Februar 1779 bewirbt sich Mozart um diesen zweitklassigen Posten in einer zweitklassigen Residenzstadt. Einen Monat später liefert er pflichtgemäß eine neue Messe – eine erstklassige, versteht sich.
Pauken und Trompeten bestimmen den Klang der C-Dur-Messe, der sogenannten Krönungsmesse. Schon daran kann man ablesen, wer am Ostersonntag des Jahres 1779 im Salzburger Dom zelebrierte: Der Erzlümmel, pardon: der Erzbischof selbst.

Podcast

"Das starke Stück – Musiker erklären Meisterwerke" gibt es auch als Podcast: Jetzt abonnieren!

Mozarts Kirchenmusik steht im Schatten der Opern

Keine Spur von mangelnder Motivation also – und das, obwohl Mozart weder mit seinem Posten noch mit dem Auftraggeber glücklich war. Dass seine Kirchenmusik im Schatten der Opern und Klavierkonzerte steht, bedeutet eben keineswegs, dass er keine Lust darauf gehabt hätte. Nur hatte er später kaum noch Gelegenheit, für den Gottesdienst zu komponieren.

Im Credo spricht die Gemeinschaft der Gläubigen

Ton Koopman | Aufnahme von 2014 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Der Dirigent Ton Koopman | Bildquelle: picture-alliance/dpa Das Credo beginnt mit einem markanten Motiv auf einem einzigen Ton. Es ist, als würden die Trompeten den Text mitsprechen: Credo in unum deum, ich glaube an den einen Gott. Immer wieder beharren die Trompeten auf diesem Motiv, das auch bei den anderen Glaubensartikeln wie ein Refrain wiederholt wird. So wird dem Hörer immer wieder eingeschärft, worum es hier geht: um ein Bekenntnis, das jeden Zweifel ausschließt – eben um ein Credo. Im Credo spricht die Gemeinschaft der Gläubigen, die Kirche mit all ihrer Prachtentfaltung in der Fülle ihrer Macht. Schließlich war Erzbischof Colloredo ein Fürst von Gottes Gnaden. Im Agnus Dei dagegen, dem letzten Satz der Messe, spricht ein Individuum von seinen innersten Gefühlen. Vielleicht ist kein Zufall, dass sich Mozart sechs Jahre später, als er den "Figaro" schrieb, an seine C-Dur-Messe erinnerte. Die Arie der Gräfin aus dem dritten Akt ist ein klarer Fall von Selbstplagiat. Musikalisches Recycling war nichts Ungewöhnliches zu dieser Zeit. Vielleicht fand Mozart, dass sein Einfall viel zu schade war, um ihn nur einmal zu verwenden – schließlich konnte er nicht ahnen, dass die Krönungsmesse viele hundert Jahre später eine der beliebtesten Messvertonungen überhaupt sein würde.

Mozart war wirklich in der Lage, mit wenigen Tönen etwas unglaublich Schönes zu erreichen.
Ton Koopman über die Krönungsmesse

Mozart erreicht das Herz

Für den Dirigenten Ton Koopmann ist das Agnus Dei ganz einfach ein schlagender Beweis für Mozarts Genie: "Musik sollte das Herz erreichen, und genau das erreicht Mozart mit diesem Agnus Dei. Er war wirklich in der Lage, mit wenigen Tönen etwas unglaublich Schönes zu erreichen." Kein Wunder, dass Ton Koopmann diese Messe ganz besonders am Herzen liegt. "Die Krönungsmesse ist die einzige von Mozarts großen Messen, die vollständig vorliegt. Schon darum ist sie ein wichtiges Stück. Und jeder ist glücklich, wenn man sie aufführt: das Publikum, das Orchester, der Chor – jeder ist glücklich bei dieser wunderschönen Musik."

Musik-Info

Wolfgang Amadeus Mozart:
Messe C-Dur KV 317, "Krönungsmesse"


Barbara Schlick (Sopran), Elisabeth von Magnus (Alt), Paul Agnew (Tenor), Matthijs Mesdag (Bass)
Amsterdam Baroque Choir and Orchestra
Leitung: Ton Koopman

Label: Erato

Sendung: "Das starke Stück" am 25. Oktober 2022, 19:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Mehr Vokalmusik

    AV-Player