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Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonia concertante KV 364

Bei den Alchemisten kam am Ende nur äußerst selten Gold heraus. Bei Mozart war das – wieder einmal – anders: Das Werk, das am Ende seiner "Experimentalreihe" steht, die Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester, ist so etwas wie die Apotheose eines Konzerts für zwei Streichinstrumente.

Porträt Wolfgang Amadeus Mozart | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Am Anfang ein Pochen, unregelmäßig, als stolpere ein Herz. Ein Fall für den Kardiologen? Mitnichten, dieses Herz stolperte vor Sehnsucht. Dass das die Musik eines 23-jährigen jungen Mannes ist, den es mächtig-zart drängt, würde man vermuten, auch wenn man nicht um die Fakten wüsste. Obwohl – das Jahr 1779 ist für Mozart zunächst einmal das genaue Gegenteil des Hinausfliegens in die Welt, das diese Musik sich zu wünschen scheint: Am 15. Januar ist Mozart von der katastrophalen Paris-Reise endlich, nach langem Zögern und mit maximalem Widerwillen nach Salzburg zurückgekehrt. Aber man muss sich bescheiden – zwei Tage nach der Rückkehr wird Mozart als Hoforganist wieder in den Dienst des Salzburger Fürstbischofs genommen, der Beginn einer an äußeren Ereignissen armen Zeit. Doch in der Musik dieses Jahres hört man, wie Mozart das verarbeitet, was er von der Reise mitgebracht hat, menschlich wie kompositorisch.

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Der Beginn des Stückes wirkt, als würde ein Vorhang aufgezogen, als würde hier die große Bühne bereitet für einen spektakulären Auftritt. Doch Mozart wäre nicht Mozart, täuschte er nicht unsere Erwartungen, denn als die beiden Solisten dann auftreten, tun sie das überhaupt nicht spektakulär. Im Gegenteil: Hier scheint etwas aus einem Traum zu erwachen, erst allmählich zu sich zu kommen. Und was dann in den nächsten Minuten folgt, ist eine innere Zwiesprache, die von Lebendigkeit und Bewegtheit nur so strotzt.

Wie aus einer Seele

Doch ist bei allem Fragen und Antworten, bei allen Behauptungen und Einwänden, die die beiden Soloinstrumente einander zuwerfen, nicht die geringste Trennung, meint Anne-Sophie Mutter: "Denn da erleben wir ein achtsaitiges Instrument. Wir teilen uns die Melodien, das ist ein derart enger Dialog, das kommt wirklich aus einer Seele."

Wir erleben hier quasi ein achtsaitiges Instrument.
Anne-Sophie Mutter

Mischung aus Glück und Schmerzlichkeit

Während der erste Satz der Sinfonia concertante in zarter Hochstimmung ausschwingt, verliert sich der langsame Satz in schwebende Traurigkeit – in c-Moll, Mozarts kummervollster und bedrängtester Tonart. Auf die Geigerin Anne-Sophie Mutter wirkt das so: "Es ist sehr melancholisch und erinnert an die Violinsonate e-Moll nach dem Tod der Mutter. Die Summe eines Lebens, das von Frustration geprägt war: gescheitert, finanzielle Probleme, vom Vater nicht in Ruhe gelassen – auch eine geplagte Seele, und das kommt in diesem Satz sicherlich durch." Am Ende scheint das Presto-Finale solcher Seelen-Not heiter entfliehen zu wollen, wie ein Himmelsflug. Ikarus-Mozart entkommt ein weiteres Mal, und wir entkommen mit ihm.

Musik-Info

Wolfgang Amadeus Mozart:
Sinfonia Concertante für Violine, Viola und Orchester Es-Dur, KV 364


Anne-Sophie Mutter (Violine)
Yuri Bashmet (Viola)
Philharmonia Orchestra London

Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Das starke Stück" am 6. April 2021, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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