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Richard Strauss Also sprach Zarathustra

Es sei "weitaus das Bedeutendste, Formvollendetste, Interessanteste und Eigentümlichste meiner Stücke", befand Richard Strauss voller Genugtuung 1896 nach der Generalprobe seiner Tondichtung "Also sprach Zarathustra". Robert Jungwirth stellt das Werk gemeinsam mit Maestro Mariss Jansons vor.

Richard Strauss | Bildquelle: Richard Strauss Institut/Bearbeitung: BR

Bildquelle: Richard Strauss Institut/Bearbeitung: BR

Die Sendung zum Anhören

Es ist eine der berühmtesten Einleitungen der Musikgeschichte: Aus einem düsteren Kontrabasstremolo unterstützt von der Orgel, dem Kontrafagott und der großen Trommel, erhebt sich eine Trompetenfanfare in gleißender Helle. Zusammen mit dem gesamten Orchester mündet diese, in der Tonhöhe weiter ansteigend, in einen alles überstrahlenden C-Dur-Jubel. Der Sieg des Lichts über die Finsternis. Der Partitur hat Richard Strauss den "Hymnus an die Sonne" aus Nietzsches philosophischer Schrift "Also sprach Zarathustra" vorangestellt – mit dem Kernsatz für die Musiker: "Zu lange hat die Musik geträumt; jetzt wollen wir wachen. Nachtwandler waren wir, Tagwandler wollen wir werden."

Wir müssen nicht Nietzsches 'Zarathustra' lesen und dann schauen, wie Strauss das gemacht hat.
Mariss Jansons über 'Also sprach Zarathustra'

Die zwei Haupttonarten – C-Dur und H-Dur

Ein Skizzenbuch des Komponisten nennt das Trompetenthema des Anfangs eine Formel für das Universum. Das Changieren der gesamten Partitur zwischen den beiden Haupttonarten C-Dur und H-Dur kann man als die ewige Polarität von Natur (C-Dur) und Mensch (H-Dur) begreifen: ein Ringen, ein Kampf, aber auch ein Sich-Bedingen. Die Gegensätze bleiben erhalten, unaufgelöst, auch wenn zum Schluss beide Töne unmittelbar nacheinander erklingen.

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Noch keine Satztitel in der Urfassung

Aber für Mariss Jansons steckt in dieser Tondichtung mindestens so viel rein Menschliches wie Universelles: "Ich glaube, Strauss hat nur die Titel übernommen – das, was jedem Menschen nahesteht: Sehnsucht, Leidenschaft – die menschlichen Gefühle. Und die findet man in 'Zarathustra'." Bezeichnenderweise verwendete Richard Strauss bei der ursprünglichen Konzeption des Stücks noch keine Titel aus dem Zarathustra-Text. Erst im weiter fortgeschrittenen Stadium der Partitur tauchen konkrete Begriffe auf, die diesem entnommen sind: "Von den Hinterweltlern, von der großen Sehnsucht, Das Grablied, Von der Wissenschaft, Tanzlied“ und so weiter.

Würdigung der Freiheit des menschlichen Geistes

Mariss Jansons, Chefdirigent des Symphonieorchesters | Bildquelle: BR Maestro Mariss Jansons | Bildquelle: BR "Von der Wissenschaft" ist ein parodistischer Abgesang auf allzu große Wissenschaftsgläubigkeit und staubige Studierstuben. Bezeichnenderweise erklingt dabei ein Fugenthema. So ist "Also sprach Zarathustra" von Richard Strauss vor allem eine Würdigung der Freiheit des menschlichen Geistes und ein Abgesang auf alles Kleingeistige und Unfreie, wozu Strauss und Nietzsche im Übrigen auch die christliche Dogmatik zählten. "Strauss war kein religiöser Mensch, aber: Wir finden ein Porträt der Leute, die an Gott glauben, an ein besseres Leben", sagt Mariss Jansons. "Er selbst jedoch steht am Rande, er nimmt daran nicht teil. Aber komplett außenstehen kann ein Komponist nicht, denn Musik drückt aus, was der Mensch im Herzen hat – also auch die Gefühle dessen, der sie schreibt."

Die Befreiung des Individuums

Gegen die missbräuchliche Vereinnahmung durch die Herrenmenschen-Ideologien in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts war diese Musik freilich gefeit wie Nietzsches Vorlage. Strauss selbst verband mit der Schrift Nietzsches und der davon inspirierten Tondichtung allerdings etwas völlig anderes: Für ihn ging es um die Befreiung des Individuums aus der Enge kleingeistiger Moralität. So wie er sich selbst aus seinem katholischen Umfeld zu einem freigeistigen und kosmopolitischen Atheisten entwickelte, so ist auch sein "Zarathustra" ein klingender Befreiungsschlag.

Musik-Info

Richard Strauss:
"Also sprach Zarathustra". Tondichtung für großes Orchester, op. 30 (frei nach Friedrich Nietzsche)

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Mariss Jansons

Label: BR-KLASSIK

Sendung: "Das starke Stück" am 20. September 2022, 19:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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