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Was heute geschah - 14. Juni 2005 Carlo Maria Giulini stirbt

Er war unerbittlich und doch aus Respekt vor der Musik und dem Publikum demütig - der "stille Gigant" Carlo Maria Giulini. Der Tod des italienischen Dirigenten vor elf Jahren bedeutete gleichzeitig auch das Ende einer Ära.

Carlo Maria Giulini | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Der stille Gigant"

Carlo Maria Giulini hat musikalisch meistens bekommen, was er wollte: den Klang, den er sich ausmalte, auch die Künstler und die Arbeitsbedingungen. Maestro Giulini blieb 91 Jahre skandalfrei, ohne Allüren, ohne Show, ohne PR und auch ohne Absagen oder Kapriolen - aus Respekt vor der Musik und dem Publikum. Er galt als "der stille Gigant".

Jeder Dirigent hat seinen eigenen Klang und bekommt diesen Klang, egal, wo er ist.
Carlo Maria Giulini

Der Operndirigent

Ästhetisch war Giulini unerbittlich. Auch was Disziplin und Zusammenarbeit anging, hatte der Maestro, geboren in Barletta und aufgewachsen in Bozen, eigene Vorstellungen. 1954 dirigierte er die "Traviata" in Mailand. Drei Wochen arbeiteten hierfür Maria Callas, Luchino Visconti und er fast Tag und Nacht an der Produktion - im Team, gleichberechtigt und ohne Ablenkung. Dem geliebten, aber zunehmend schnelllebigen, zeit- und kostenoptimierten Opernbetrieb kehrte er deswegen in den 70er Jahren den Rücken. Die MET, die Scala, Covent Garden - niemand konnte ihn umstimmen.

Der Symphoniker

Giulini dirigierte weiter, war zu Gast bei den großen Symphonie-Orchestern: Chicago, Los Angeles, Berlin, Wien, Amsterdam und London. Er legte Einspielungen vor, die wegen ihrer interpretatorischen Überzeugungskraft und künstlerischen Klasse noch heute aus der Masse herausragen wie Berggipfel aus dem Hochnebel. Es folgten Symphonien von Mahler, Brahms, Dvořák, Mozarts "Figaro" und "Don Giovanni" sowie Verdis "Messa da Requiem" mit dem wohl homogensten Solistenquartett überhaupt: Elisabeth Schwarzkopf, Christa Ludwig, Nicolai Gedda, Nicolai Ghiaurov. Die Aufnahmen atmen eine Ruhe und Erhabenheit, die beim Hören etwas von der Demut erahnen lassen, die Carlo Maria Giulini sein Künstlerleben lang Arbeitsethos war. Sie zeugen von seinem unglaublichen Gespür für die Zeit, die eine Note, eine Phrase, eine Melodie benötigt, um sich zu entfalten. Carlo Maria Giulini hat ihre Geheimnisse entschlüsselt.

Was heute geschah

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