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25. April 1828 - Robert Schumann wandelt auf Jean Pauls Pfaden Ein Komponist auf dichterischer Spurensuche

Seit sechs Wochen hat Schumann das Reifezeugnis in der Tasche, ausgestellt vom Lyzeum Zwickau. Doch der Gedanke, an die Universität zu gehen, um dort Jura zu studieren, liegt für ihn gerade in weiter Ferne. Der junge Komponist genießt es, frei von allen Verpflichtungen zu sein. Mit Rucksack und dickem Schuhwerk ist er in Franken unterwegs. In Bayreuth möchte er schnuppern, wie das süße Künstlerleben wirklich ist.

Robert Schumann sitzt über Noten am Tisch am Abend | Bildquelle: picture-alliance / akg

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Schumann stattet allen Orten in der Stadt einen Besuch ab, an denen Jean Paul einmal gewesen sein könnte – einer von Schumanns Lieblingsdichtern. Schumann schaut sich alles an, was Jean Paul, der mit bürgerlichem Namen Johann Paul Friedrich Richter hieß, inspiriert haben könnte: die Stadtmauer von Bayreuth, den Hofgarten und den Waldweg zum grünen Hügel.
Höhepunkt der Reise ist eine Wanderung auf Jean Pauls Spuren außerhalb der Stadt. Hier, in der frühlingshaft aufkeimenden Natur, spürt Schumann seinen Bruder im Geiste in fast jedem Blättchen. Der junge Komponist besucht auch die Eremitage, die für Jean Paul ein Ort der Wonne war: "Heb alles auf, bis wir im warmen Schoß Abrahams sitzen, in der Eremitage; welches nach Fantaisie der zweite Himmel um Baireuth ist, denn Fantaisie ist der erste, und die ganze Gegend der dritte."

Jean Pauls Studierstube

Blick auf die Rollwenzelei, eine kleine Gaststätte bei Bayreuth, in der der Schriftsteller und Philosoph Jean Paul (eigentl. Johann Paul Friedrich Richter) seine Studierstube hatte. Zu seinen Werken zählen u.a. "Der Siebenkäs", "Titan" und die "Flegeljahre". Er wurde am 21. März 1763 in Wunsiedel geboren und ist 14. November 1825 in Bayreuth gestorben. | Bildquelle: dpa - Bildarchiv Blick auf die Rollwenzelei, eine kleine Gaststätte bei Bayreuth. | Bildquelle: dpa - Bildarchiv Selbstverständlich darf an dem Apriltag das Wirtshaus "Rollwenzelei" nicht fehlen. Das Gasthaus befindet sich auf der Wegmitte zur Eremitage. Jean Paul trank und aß dort häufig in Begleitung seines Pudels und hatte ein Zimmerchen gemietet.
Schumann steigt eilig und voller Vorfreude die Treppen zum Obergeschoss hinauf, bereit, die Aura des besonderen Ortes in sich aufzusaugen.
Die Stube des Dichters ist blau getüncht, spartanisch möbliert, mit Schreibplatz, Kommode und Schlagnische. In dieser Oase hat sich Jean Paul ungestört von seiner zänkischen Ehegattin dem Schreiben gewidmet. So ganz nachvollziehen kann der junge Schumann das jedoch nicht. Kurz und knapp notiert er in seinem Tagebuch: "Jean Pauls Stube und Stuhl".

Schumanns inspirierte Aphorismen

Offenbar hat sich der angehende Komponist und Pianist mit seinen romantischen Fantasien einen Ort der Muse etwas vornehmer und komfortabler vorgestellt. Mit dem zweiten Bier in der "Rollwenzelei" hat Robert Schumann dem Idol die Geschmacksverirrung jedoch verziehen und fühlt sich Jean Paul wieder ganz nah. So nah, dass Schumann in nur wenigen Stunden viele Aphorismen in sein Tagebuch schreibt.

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