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Was heute geschah – 1. März 1799 Zar Paul der Erste verbietet den Walzer

Sankt Petersburg, 1.März 1799. "Ich befehle, den Tanz Namens Walzer zu verbieten". So lautet einer der erstaunlichsten Erlasse des russischen Zaren Paul. Lange hat er auf den Tod seiner Mutter Katharina der Großen gewartet. Seit 1796, endlich auf dem Thron, krempelt Paul das Land durch zahlreiche Erlässe gründlich um. Der neue Kaiser schreibt seinen Untertanen sogar vor, wie sie auszusehen haben: Backenbärte bei Männern sind tabu, auch Frack und Weste dürfen nicht mehr getragen werden. Nächstes Opfer: der Walzer.

'La Walse' (Der Walzer). Kupferstich, koloriert. Aus der Folge: Le bon genre, Observa- tions sur les modes et usages de Paris, hrsg. v. Pierre la Mesangere, Paris, 1801-1817 | Bildquelle: picture alliance / akg-images

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Der neumodische Tanzimport aus Wien glich einer Sexualrevolution. Zum ersten Mal standen sich Mann und Frau eng gegenüber, umfassten einander sogar und drehten sich wie in Trance im ununterbrochenen Wirbel. Der Walzer durchbrach alle gesellschaftlichen Regeln. Doch nicht die Prüderie zwang Paul zum Walzerverbot. Bei einem seiner Palastbälle rutschte der Zar auf dem glatten Parkettboden aus. Mitten in einer Walzerdrehung plumpste Paul auf den Boden. Im Fall hörte er noch das schallende Gelächter um sich herum, das allerdings verstummte, sobald der Herrscher aufstand. Diejenigen, die gelacht hatten, konnte Paul nicht mehr identifizieren und bestrafen. Stattdessen bestrafte er den Tanz. Am nächsten Morgen, dem 1. März 1799, wurde der Walzer in ganz Russland per Gesetz verboten.

Pauls Favoritin liebte den Walzer

Zar Paul I. von Russland | Bildquelle: picture-alliance/dpa Er versuchte, den Walzer zu verbieten: Zar Paul I. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Allerdings hielt das Verbot nicht lange. Der Zar war nicht konsequent genug. Denn er verliebte sich. Und seine Favoritin, die junge Anna Lopuchina, liebte Bälle. Und den Walzer ganz besonders. "Paul gab damals oft Bälle, um die Tanzleidenschaft der Mademoiselle Lopuchina zu stillen",schreibt Fürstin Varvara Golovina, damals Hofdame, in ihren Memoiren." So wurde der Walzer, und dieser elegante Tanz, der vorher am Hofe als unanständig verboten war, wieder erlaubt."

Der Walzer überlebt Zar Paul

1801 ist der Walzer rehabilitiert. Nur zwei Monate später wird Paul von einer Verschwörer-Gruppe im eigenen Schlafgemach erdrosselt. Seine Favoritin stirbt an der Schwindsucht nur vier Jahre später. Und der Walzer? Der lebt und begeistert in Russland bis heute.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 1. März 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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