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Kriegs-Oper "Simplicius Simplicissimus" in Augsburg Durch die Augen eines Kindes

Er ist naiv, ahnungslos, ein Kind. Wie durch ein Wunder überlebt Simplicius Simplicissimus den 30-jährigen Krieg und wächst bei einem Einsiedler auf. Karl Amadeus Hartmann schrieb seine Oper als erschütterndes, zeitloses Plädoyer gegen Krieg und Gewalt. Jetzt feiert das Werk am Theater Augsburg Premiere.

Szenenbild aus Simplicius Simplicissimus am Theater Augsburg | Bildquelle: © A.T. Schaefer

Bildquelle: © A.T. Schaefer

"Simplicius Simplicissimus" in Augsburg

Oper über den Kreislauf des Krieges

Der Komponist Karl Amadeus Hartmann verarbeitet in seiner Oper den barocken Roman "Simplicius Simplicissimus". In diesem schilderte Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen die Schrecken des 30-jährigen Krieges. Hartmann ging es in seiner Oper aber um das Thema Krieg ganz allgemein. Bezeichnenderweise entstand seine Oper während der 1930-er Jahre. Aufgeführt wurde sie allerdings erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Nun nimmt sich das Theater Augsburg das Werk vor.

Regisseur Lorenzo Fioroni findet es besonderes beeindruckend, wie die Opernfiguren psychologisch mit den Gräuel des Krieges umgehen. "Dass die Leute in einem makabren Totentanz versuchen, die Ängste davor zu vertreiben, das finde ich etwas sehr Erschütterndes und Berührendes - und auch, dass da so genau drauf eingegangen wird in diesem Stück", sagt Fioroni.

Gemetzel - und ein weißes Bühnenbild

Szenenbild aus Simplicius Simplicissimus am Theater Augsburg | Bildquelle: © A.T. Schaefer Bunte Faschingskostüme - ein schräger Kontrast zu den Schrecken des Krieges. | Bildquelle: © A.T. Schaefer In der Brechtbühne in Augsburg sitzt das Publikum zu drei Seiten um die Bühne herum und ist damit ganz nahe am Geschehen dran. Die Farbe Weiß dominiert das Bühnenbild. An den Längsseiten stehen weiße Stühle und Tische. Dort nehmen die Chorsänger zu Anfang als Kriegsveteranen verkleidet Platz. In der Mitte ist eine Freifläche, auf der später der Chor nun in absurden, bunten Faschingskostümen ausgelassen feiert. Immer wieder tragen sie eine überlebensgroße Puppe herum und zerren aggressiv an ihr. Zum Schluss wird dieser Popanz gehängt und zerstört.

Samantha Gaul als der Junge Simplicissimus geht mit großen Augen durch diese Welt, die aus den Fugen geraten ist. Was die Sopranistin an ihrer Rolle des Simplicissimus so fasziniert, ist, "dass es keine gut greifbare Person ist, sondern eher etwas, worin sich alles spiegelt", so Samantha Gaul. Simplicius werde als Person nicht wirklich beschrieben, sondern er reflektiere eigentlich nur das, was er von außen aufnimmt. "Das finde ich sehr spannend umzusetzen", schwärmt die Sängerin.

Musikalisch kurzweilig

Wenige Streicher, einige Bläser und viel Schlagzeug - für Generalmusikdirektor Domonkos Héja ist die Kammeroper ein echter Kontrast zur Arbeit mit dem sonst so üppigen Orchesterapparat. Aber er empfindet die sparsam instrumentierte Musik als sehr raffiniert und extrem kurzweilig: "Musikalisch ist das ein bisschen eine Montage - wie in der Geschichte", sagt Héja. "Da sind wahnsinnig viele Zitate drin. Vom Klang her ist es ähnlich wie Strawinsky. Auch ein Zitat aus 'Le sacre du printemps' ist drin."

"Mitten ins Herz"

Szenenbild aus Simplicius Simplicissimus am Theater Augsburg | Bildquelle: © A.T. Schaefer Eine überdimentional große Puppe spielt bei der neuen Inszenierung von "Simplicius Simplicissimus" in Augsburg eine Rolle. | Bildquelle: © A.T. Schaefer Am Theater Augsburg geht in diesem Sommer eine Ära zu Ende: die Amtszeit der langjährigen Intendantin Juliane Votteler. Für sie geht mit dieser Inszenierung aber nochmal ein Traum in Erfüllung. "Ich finde die Intensität des Stoffes - schon allein in dem Roman - hier unglaublich erschütternd. Und in der Oper kommt es dann auf den Punkt", so Votteler. Sie freue sich auch, dass Lorenzo Fioroni eine Inszenierung geschaffen habe, die das "herunterbricht auf diese Fabel, eine Geschichte über den ewigen Kreislauf des Krieges. Zunächst bewegt sie sich scheinbar von dem rein Stofflichen weg. Dann aber trifft sie ihn mitten ins Herz. So hat er etwas Allgemeingültiges daraus geschaffen."

Die Welt im Krieg, ein ewiger Kreislauf - Das mag auch Karl Amadeus Hartmann so empfunden haben. Mit dem "Simplicius Simplicissimus" widmet er sich zwar augenscheinlich den Schrecken des 30-jährigen Krieges. Doch er schrieb die Oper genau zur Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Und das gibt diesem Werk schon fast etwas Prophethisches.

Karl Amadeus Hartmann: "Simplicius Simplicissimus"

Musikalische Leitung: Domonkos Héja
Inszenierung: Lorenzo Fioroni

Premiere: Freitag, 2. Juni 2017, 19.30 Uhr
am Theater Augsburg

Weitere Aufführungen:
Sonntag, 4. Juni 2017, 19.00 Uhr
Mittwoch, 7. Juni 2017, 19.30 Uhr
Freitag, 9. Juni 2017, 19.30 Uhr
Sonntag, 11. Juni 2017, 19.00 Uhr
Donnerstag, 15. Juni 2017, 19.00 Uhr
Samstag, 17. Juni 2017, 19.30 Uhr
Freitag, 23. Juni 2017, 19.30 Uhr

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