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Mozarts "La clemenza di Tito" an der Met Rache und Vergebung

Es geht um Rache und Vergebung: "La clemenza di Tito" ist Mozarts letzte italienische Oper, fertiggestellt wenige Monate vor seinem Tod. In der New Yorker Produktion singt die Mezzosopranistin Joyce DiDonato den Sesto – vielleicht die interessanteste Rolle des Werkes. BR-KLASSIK übertrug die Oper am 20. April live aus der Met.

Eigentlich müsste diese Oper ganz anders heißen: Sesto, nicht „La clemenza di Tito“. Denn Kaiser Titus ist in Mozarts Oper zwar wichtig, die viel wichtigere Rolle ist aber Sesto: Er ist ein Freund des gütigen Kaisers und der Geliebte der rachsüchtigen Vitellia, die auf den Thron sinnt und Sesto zum Attentat auf Tito anstiftet. So ist der junge Mann gefangen zwischen Loyalität zu Tito und Liebe zu Vitellia. An der Metropolitan Opera in New York singt Joyce DiDonato nun die Hosenrolle. Sie sieht in Sesto einen jungen Mann, der blind vor Liebe ist: "Ein wichtiger Aspekt ist ja, dass er noch sehr jung ist, Sesto ist noch nicht so weise und abgeklärt wie Tito. Sesto hat sich in Vitellia verliebt und zwar irgendwie begriffen, dass sie ihn manipuliert, er kann sich aber nicht von ihr lösen, dazu ist er noch zu unerfahren."

Polenzani und DiDonato - ein eingespieltes Team

Diese Inszenierung ist das erste Mal, dass DiDonato den Sesto an der Met singt. Jean-Pierre Ponnelles Produktion ist schon etwas älter: Vor 35 Jahren feierte sie Premiere, sie ist eher klassisch: Säulen und Emporen zeigen das antike Rom, die Sänger tragen Puderperücken und Rüschenhemden. Die südafrikanische Sopranistin Elza van den Heever singt Vitellia, als Tito tritt Met-Dauergast Matthew Polenzani auf. Polenzani und Joyce DiDonato kennen sich schon lange und haben ihre Karriere ungefähr zur gleichen Zeit begonnen. Beide haben in diesen Rollen auch schon gemeinsam in Chicago gesungen.

Während sich Polenzani und DiDonato in der Wirklichkeit gut verstehen, muss in der Oper die Freundschaft ihrer Rollen eine harte Probe über sich ergehen lassen: Auf Vitellias Drängen hin verübt Sesto den Anschlag auf den Kaiser, scheitert aber. Tito überlebt und soll nun, so sieht es das römische Recht vor, das Todesurteil über Sesto verhängen. Aber er zögert und redet noch einmal mit dem gefangenen Freund.

Ein Werk mit emotionalem Tiefgang

Für Joyce DiDonato ist einer der entscheidensten Momente der Oper das Rezitativ vor der Arie im zweiten Akt. Da erscheint Sesto vor Tito als Gefangener und Tito spricht zu ihm unter vier Augen: "Ich tue alles für dich, aber sag mir den Grund: Warum hast du das getan?" Für die Sopranistin ist dies eine so ergreifende Situation, in der man hören kann, wie die beiden Freunde um gegenseitiges Verständnis ringen, was aber zu diesem Zeitpunkt einfach nicht möglich ist.

Tito verzeiht Sesto letztendlich und zeigt so die titelgebende "clemenza" – seine Milde. Dass Mozarts Oper aber mehr als eine bloße Huldigung des römischen Kaisers ist, sondern ein Werk mit emotionalem Tiefgang, das liegt an Sesto.

BR-KLASSIK hat "La clemenza di Tito" am 20. April 2019 live aus der Metropolitan Opera New York übertragen.

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