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Eine Zeitreise in Mozarts Kindheit Auf dem Weg zur "Gärtnerin"

Als Mozarts Oper "La finta gardiniera" uraufgeführt wurde, zählte er 19 Jahre - ein Alter, in dem die meisten Tonsetzer noch nicht einmal angefangen haben. Wolfgang Amadeus' Karriere als Musiker - und als Komponist - war jedoch schon seit einigen Jahren im vollen Gang.

Mozart als Kind | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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1775: Die Reise beginnt

Ein jubelndes Publikum im Salvatortheater München an einem Winterabend im Fasching. Mittendrin ein gerade mal 19-jähriger Komponist - anlässlich der Uraufführung seiner neuen Oper "La finta giardiniera / Die verstellte Gärtnerin". Am nächsten Morgen denkt sich Wolfgang Amadeus Mozart, wie viel Lebenserfahrung er doch eigentlich schon gesammelt hat! Wäre ohne sie die gereifte Menschengestaltung in "La finta giardiniera" denkbar? Es wird doch nicht etwa einer der Größten aus ihm werden? Mozart eilt zu seinem Biografen, dessen Name hier nichts zur Sache tut, diktiert ihm wahrheitsgemäß wichtige Stationen und Meilensteine seiner bisherigen Künstlervita. Dabei blättert der Musikus im Geiste das Buch seines Lebens zurück, und indem er sich vergegenwärtigt, was mit ihm und um ihn herum Jahr für Jahr geschah, tritt er eine Reise in seine Vergangenheit an. Bis zu dem Tag, als er sein erstes deutsches Singspiel schrieb, seine erste italienische Oper, beide übrigens in Wien, lange bevor er dort seine Wahlheimat finden sollte. Aber der Reihe nach - im Krebsgang…

1774: Erste Meisterwerke

In Rom wird die Oper "La finta giardiniera" von Pasquale Anfossi aus der Taufe gehoben - mit demselben Libretto, das auch Mozart für seine Vertonung des Stoffs benutzte. Auf dem Buchmarkt erscheint der berühmte Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" von Johann Wolfgang von Goethe, der eine Flut von Suiziden nach sich zieht. Im Bereich der Orchestermusik bringt Mozart erste Meisterwerke zu Papier: etwa die A-Dur-Symphonie KV 201!

1773: Keine Protektion von der Kaiserin

Joseph Haydn | Bildquelle: Wikimedia Commons Joseph Haydn | Bildquelle: Wikimedia Commons Eine Marionettenoper Joseph Haydns macht Eindruck in Esterháza: "Philemon und Baucis oder Jupiters Reise auf die Erde"! In der Mailänder Theatinerkirche erklingt die Motette "Exsultate jubilate", die Mozart für den Kastraten Venanzio Rauzzini geschrieben hat. In Wien verbringt der Komponist viel Zeit mit dem Magnetiseur Dr. Anton Mesmer und seinem Vetter, dem Schuldirektor Joseph Mesmer. In einer Audienz bei der Kaiserin wird Mozart mit seinem Vater zwar empfangen, muss die Hoffnung auf Protektion aber fallen lassen. Das Genre des Streichquartetts bedient er durch das Werkbündel KV 168-173. Die für ihn später so wichtige Gattung des Klavierkonzerts erhält ihren D-Dur-Beitrag KV 175. Als "sehr schön" bezeichnet Tobias Philipp Freiherr von Gebler die Schauspielmusik, die Mozart zu seinem Drama "Thamos, König in Ägypten" komponiert.

1772: Zweimal "Lucio Silla"

Hieronymus Graf Colloredo wird nach langen Disputen und gegen den Willen der Salzburger zum Fürsterzbischof gewählt. Zur Inthronisierung erklingt die Azione teatrale "Il sogno di Scipione", die Mozart ursprünglich für den verstorbenen Amtsvorgänger Sigismund von Schrattenbach konzipiert hat. Als Erfolgserlebnis ist die Zuweisung eines jährlichen Gehalts von 150 Gulden durch das Hofzahlamt zu verbuchen. In Mailand schreibt Mozart die Oper "Lucio Silla", in direktem Kontakt mit den Sängern, was sich positiv auf die Qualität der weihnachtlichen Uraufführung im Teatro Regio Ducale auswirkt. Der über zwanzig Jahre ältere Kollege Johann Christian Bach bringt in Mannheim "Temistocle" heraus, erst zwei Jahre danach ebenfalls "Lucio Silla".

1771: Vergebliche Hoffung auf Mailand

Die Auslandsaufenthalte von Vater und Sohn Mozart erstrecken sich auf Norditalien: Venedig und Padua, Vicenza und Verona. Im Umfeld der Mailänder Uraufführung von "Ascanio in Alba" kommt es zu einem Treffen mit dem ehrwürdigen siebzigjährigen Komponisten Johann Adolf Hasse aus Bergedorf. Beim Mailänder Erzherzog Ferdinand hat Mozart die Chance auf eine Anstellung - aber es wird nichts daraus.

1770: Italienbesuch

Vater von Wolfgang Amadeus Mozart, Leopold Mozart | Bildquelle: imago / Leemage Mozarts Vater Leopold | Bildquelle: imago / Leemage An der Seite des Vaters bereist Mozart die Apenninenhalbinsel bis in den tiefen Süden hinein: Neapel inklusive! Unterwegs gibt es eine Begegnung mit Graf Firmian, dem aus Salzburg stammenden Generalgouverneur der Lombardei, der einen Opernauftrag erteilt: "Mitridate, Re di Ponto" wird an Weihnachten im Teatro Regio Ducale uraufgeführt. Es gibt eine Begegnung mit dem Musikgelehrten Padre Martini, auf dessen Vermittlung Mozart zum Mitglied der Accademia filarmonica gewählt wird, ebenso mit dem Kastraten Farinelli und eine mit dem Komponisten Giovanni Paisiello. Auftritte absolviert Mozart in diversen Villen und Palästen des Adels: zum Beispiel in der Villa Poggio Reale, der Sommerresidenz des toskanischen Großherzogs Leopold in Florenz. Das neunstimmige, von einer geheimnisvollen Aura durchdrungene "Miserere" von Gregorio Allegri schreibt Mozart aus dem Gedächtnis nieder - nach einem Besuch der römischen Capella Sistina. Papst Clemens XIV. empfängt Mozart, nimmt ihn in den Orden vom Goldenen Sporn auf - und das alles im Geburtsjahr Ludwig van Beethovens!

1769: Ein Titel ohne Bezahlung

Im Umfeld der Priesterweihe von Cajetan Hagenauer, dessen Vater das Mozart'sche Geburtshaus in der Salzburger Getreidegasse gehört, erklingt in der Stiftskirche St. Peter eines der ersten geistlichen Werke Mozarts, die "Dominicus-Messe". Kein Geld, aber einen Titel gibt es für ihn durch die Ernennung zum dritten Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle.

1768: Das erste Singspiel, die erste Oper

Ein Jahr in Wien: Gemeinsam mit Nannerl, seiner Schwester, gibt der Wunderknabe erfolgreich Konzerte am Klavier. Und für den 12-jährigen schlägt die Geburtsstunde für sein erstes deutsches Singspiel - "Bastien und Bastienne" - sowie seine erste italienische Oper: "La finta semplice / Die verstellte Einfalt". Erkennbar ist in beiden Fällen der Theaterinstinkt Mozarts, sein Scharfblick für Eifersuchtsprobleme junger Menschen bzw. Bühnenfiguren. In "La finta semplice" (nach einer Vorlage Carlo Goldonis) entfaltet sich Commedia-dell’arte-Personal vom alten Geizkragen über den verliebten Trottel und das Dienerpaar bis zur ernsthaft liebenden, klug intrigierenden Frau. Burleske Situationskomik mit Prügel-, Trunkenheits- und Duellszenen wechselt mit gefühlsbeladenen Liebesszenen. Mozart eignet sich das Metier der opera buffa an, deren handwerkliche Regeln und idiomatisches Vokabular. Und wenn er sich gut sechs Jahre später der Gärtnerin nähert, genauer: der "verstellten Gärtnerin", bringt er durch "Die verstellte Einfalt" schon Erfahrung mit - für die künstlerische Gestaltung von Schein und Sein.

Mozart: "Die verstellte Gärtnerin" - Konzert mit dem Münchner Rundfunkorchester

Sonntag, 22.1.2017, 19.00 Uhr
München, Prinzregententheater

Wolfgang Amadeus Mozart:
"Die verstellte Gärtnerin"
Singspielfassung von "La finta giardiniera" in drei Aufzügen (konzertant)

Sandrine Piau (Sopran)
Susanne Bernhard (Sopran)
Lydia Teuscher (Sopran)
Olivia Vermeulen (Mezzosopran)
Wolfang Ablinger-Sperrhacke (Tenor)
Julian Prégardien (Tenor)
Michael Kupfer-Radecky (Bariton)
Münchner Rundfunkorchester
Leitung: Andrew Parrott

Live-Übertragung auf BR-KLASSIK!

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