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Antoine Tamestit bei U21 Wenn ein Bratschist sein Instrument entdeckt

In dieser Woche gastiert Antoine Tamestit beim BR-Symphonieorchester. Zum ersten Mal führt er das Bratschenkonzert von Jörg Widmann in Deutschland auf. Dafür muss er ganz schön üben - nicht nur mit seinem Instrument.

Antoine Tamestit zu Gast im U21-Studio, BR-KLASSIK, am 29. Februar 2016 | Bildquelle: Alescha Birkenholz

Bildquelle: Alescha Birkenholz

Noch vor seinem Abflug nach München postet er bei Twitter ein Foto. Antoine Tamestit hält seine Viola und seinen Bogen in Position, spielt aber nicht. Er schreit. Mit weit aufgerissenem Mund und zusammengekniffenen, fast schon schmerzverzerrten Augen. En garde!, könnte man denken, hier ist der Spaß zu Ende. Eine ungewohnte Pose, die man von dem 37-jährigen, sonst so freundlichen Franzosen nicht unbedingt erwartet hätte.

Er müsse das üben, das Schreien, erzählt Antoine am Montagabend in der Sendung "U21" auf BR-KLASSIK - für das Bratschenkonzert von Jörg Widmann, das er nach der Uraufführung am 28. Oktober 2015 in Paris zum ersten Mal in Deutschland mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks aufführt. Jörg Widmann und er hätten diese Idee entwickelt, erzählt Antoine, und dieser Effekt des Schreiens sei sehr wichtig, weil er in einem ganz speziellen Moment komme. In welchem, wollte er nicht verrraten.

Das ist für einen Solisten eine Chance, endlich in einem Konzert schreien zu dürfen.
Antoine Tamestit

Steckbrief

Antoine Tamestit, geboren 1979 in Paris, lebt auch heute in der französischen Hauptstadt. Über die Geige kommt er zur Bratsche. Er studiert in Frankreich, in den USA und bei Tabea Zimmermann in Berlin. 2004 gewinnt er einen ersten Preis beim ARD-Musikwettbewerb, seitdem ist Antoine weltweit unterwegs. Von 2007 bis 2013 unterrichtet er an der Musikhochschule in Köln, seit drei Jahren am Pariser Konservatorium. Er liebt Kammermusik, ist Experte für Neue Musik und Uraufführungen: Die Bratschenkonzerte von Olga Neuwirth, Bruno Mantovani und Jörg Widmann hat er als Erster auf die Konzertbühne gebracht. Antoine spielt die "Mahler"-Viola von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1672, die Älteste von zwölf noch existierenden Bratschen des berühmten Instrumentenbauers.

Klopfend und Zupfen

20 Minuten, nahezu ohne Pause, füllt er seine Rolle als Solist in Jörg Widmanns "Viola Concerto" aus. Er steht nicht vor dem Publikum, sondern neben den Harfen, ohne Bogen, fast schon incognito.

Am Anfang entdeckt der Bratschist sein Instrument.
Antoine Tamestit

Er beginnt. Ohne das Orchester. Mit Klopfen, Zupfen in allen Varianten und was er und Jörg Widmann sonst noch so ausgetüftelt haben. Gemeinsam haben sie besondere Spieltechniken entwickelt. Die Idee: Der Bratschist muss seinen Weg finden, erzählt Antoine. Die große Frage: Was können wir alles mit der Bratsche machen?

Jörg weiß, was machbar und unmachbar ist.
Antoine Tamestit

Der Komponist hat immer wieder die technischen Grenzen des Solisten erfragt. So haben sie sich schrittweise zusammen vorgearbeitet. Und weil beide viel beschäftigt und unterwegs sind, war ein Austausch meist nur per Telefon und Internet möglich. Seite für Seite haben sie sich so hin- und hergeschickt, gleich ausprobiert und kommentiert: Komponieren im 21. Jahrhundert.

Antoine Tamestit beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

3. und 4. März 2016, 20.00 Uhr
Herkulessaal der Residenz, München

Jörg Widmann:
Viola Concerto
Edward Elgar:
Symphonie Nr. 2 Es-Dur, op. 63

Antoine Tamestit, Bratsche
Daniel Harding, Dirigent


BR-KLASSIK überträgt das Konzert am Freitag live im Radio.

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