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Afghanische Künstler*innen – Portugal hilft Junge Musikerinnen und Musiker in Lissabon eingetroffen

Portugal hilft besonders gefährdeten Menschen aus Afghanistan. In den vergangenen Monaten sind Chartermaschinen mit mehreren hundert Afghaninnen und Afghanen in Lissabon angekommen. Nachdem mehrere Spielerinnen der afghanischen Juniorinnen-Fussball-Nationalmannschaft Asyl zugesichert bekommen haben, sind jetzt auch rund 150 junge Musiker*innen zusammen mit engen Angehörigen in Lissabon eingetroffen.

Frauenorchester Zohra aus Afghanistan  | Bildquelle: picture alliance / Mohammad Jawad

Bildquelle: picture alliance / Mohammad Jawad

"Ich bin sehr, sehr glücklich, mit meinen Kommilitonen in Portugal zu sein – sie lächeln, das macht mich glücklich. Sie sind die Zukunft Afghanistans", sagt Marzia Anwari. Sie ist eine junge afghanische Violinistin und spielt im Zohra-Orchester, einem reinen Frauenorchester. Gegründet wurde es vom Afghanischen Nationalinstitut für Musik - ein Symbol der Hoffnung für das Land. 2018 wurde es in Stockholm mit dem Polar Music Prize ausgezeichnet, dem inoffiziellen Nobelpreis für Musik. So ähnlich sieht das auch Ahmad Sarmast, der 2010 das Afghanische Nationalinstitut für Musik gegründet hat. "Es macht mich sehr stolz, dass afghanische Musikerinnen und Musiker geehrt werden, die einst gedacht haben, sie würden nie wieder Musik hören oder selbst spielen können", sagt er damals in seiner Dankesrede. Hoffnung, Aufbruch und der Beginn der Zukunft Afghanistans, so fühlte sich das damals an.

Ein reines Frauenorchester ist für die Taliban "des Teufels"

Vor einem guten Vierteljahr haben die Taliban wieder die Macht übernommen, seitdem herrscht absolutes Musikverbot in Afghanistan. Zohra als reines Frauenorchester ist für die Taliban "des Teufels". Musikerinnen und Musiker mussten fliehen – erste Zuflucht war für viele Doha, wo Zohra sogar Konzerte geben konnte. Jetzt gibt Portugal den Musikerinnen Asyl; und nicht nur ihnen, erklärt Claudia Pereira, Staatsministerin für Migration und Integration: Besonders gefährdeten Menschen wie Angestellten der früheren Regierung, aber auch Frauen, zum Beispiel Sportlerinnen, Musikerinnen oder Ingenieurinnen fänden Zuflucht in Portugal.

Das afghanische Frauenorchester Zohra spielt beim Weltwirtschaftsgipfel 2017 in Davos. | Bildquelle: World Economic Forum/Walter Duerst Das afghanische Frauenorchester Zohra bei einem Konzert beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos 2017. | Bildquelle: World Economic Forum/Walter Duerst Knapp 800 Menschen aus Afghanistan sind in den vergangenen vier Monaten in Portugal angekommen. Vorläufig sind sie in Erstaufnahmeeinrichtungen im Großraum Lissabon untergebracht, später sollen sie in eigenständige Wohneinheiten umziehen. Im Frühjahr soll das Afghanische Nationalinstitut für Musik neue Räume in Lissabon beziehen. "Wir wollen etwas zurückgeben", sagt Gründer Dr. Ahmad Sarmast: "Wir wollen qualitativ hochwertige musikalische Ausbildung bieten, aber nicht nur für Kinder von Flüchtlingen, sondern auch für benachteiligte Gruppen in Portugal. Wir sehen das Afghanische Nationalinstitut für Musik als Zentrum für Multikulturalismus."

Wir werden hier ein großes Konzert geben – unser Dank geht an die Internationale Gemeinschaft und unsere portugiesischen Freunde: Ihr habt unser Leben gerettet.
Dirigentin Shogofa Safi

Für Musikerinnen wie Shogofa Safi ist die Ankunft in Portugal ein großes Glück, schließlich können sie hier ihrer Profession wieder nachgehen und weiter Musik machen. Doch das grundlegegende Unrecht, nicht in ihrer Heimat leben und arbeiten zu können, bleibt - verknnüpft mit der Sehnsucht: Vielleicht, vielleicht geht es irgendwann zurück nach Afghanistan – das ist auch Shogofa Safis Traum.

Sendung: "Allegro" am 21. Dezember 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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