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"Show der Champions" - Moderatorin Anna Novak im Barbershop-Fieber

Für ihre Moderation der "Show der Champions" beim Barbershop-Musikfestival hat BR-KLASSIK-Moderatorin Anna Novák tief in der Barbershop-Szene gewühlt. Wie sie erst skeptisch war und dann doch mit dem Barbershop-Virus infiziert wurde, erzählt sie auf br-klassik.de.

Moderation Anna Novak | Bildquelle: Alescha Birkenholz

Bildquelle: Alescha Birkenholz

Ich muss gleich zu Beginn gestehen: ich hatte schon immer ein großes Faible für a-cappella-Musik. Nicht weil ich was dagegen hätte, von Instrumenten begleitet zu werden, sondern weil der a-cappella-Gesang zeigt, was Sänger wirklich können. Das ist Multi-Tasking pur: Richtig intonieren, den Platz im Klang finden, die Lautstärke regulieren, den Text exakt mit den anderen absprechen und diese ganz besondere Harmonie erzeugen - die nämlich bewirkt, dass man komplett vergisst, dass ohne Instrumente gesungen wird.

Multi-Tasking pur

Kein Wunder also, dass ich direkt begeistert zusage, als ich gefragt werde, ob ich als Teilzeit-Sängerin und a-cappella-Begeisterte die "Show der Champions" beim Internationalen Barbershop-Musikfestival moderieren will. Barbershop - hat man doch schon mal gehört, denke ich mir. Close Harmony und so. Von wegen! Kaum habe ich also zugesagt und diese tolle Neuigkeit Freunden und Familie kommuniziert, bekomme ich erste verwunderte SMS: "Ich hab gehört, Du moderierst einen Frisör-Wettbewerb. HÄ?" Ich bin verwirrt. Barbershop – kennt das denn keiner hier?

Denkt der Klassik-Freund eher an Schere und Föhn als an singende Herren?
Anna Novak

Locker-flockig, aber mit strengen Regeln

Moderatorin Anna Novak | Bildquelle: Daniel Delang Moderatorin Anna Novak: "Ich hab gehört, Du moderierst einen Frisör-Wettbewerb?" | Bildquelle: Daniel Delang Nun gut: der Barbershop-Gesang ist ein amerikanisches Phänomen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert ist er - tatsächlich! - in den Frisör-Salons entstanden. Die Herren vertrieben sich hier die Wartezeit mit spontan improvisiertem Singen. Die Assoziationen zum Frisörsalon sind also nicht ganz falsch. So weit, so gut. Ich beginne mit den Recherchen für den Barbershop-Abend und verfilze mich ein wenig in der Musiktheorie des Barbiergesangs. Hier gleich die erste Überraschung: Auch wenn bei den Barbershoppern alles immer so locker-flockig und spontan wirkt, steckt dahinter ein festgelegtes, harmonisches Gerüst - mit strengen Regeln zu Harmonien, Besetzung, Tonabständen. Das führt dazu, dass der Barbershop-Gesang einen extrem hohen Wiedererkennungswert bekommt. Außerdem lerne ich: Performance und Kostüme sind in der Barbershop-Welt genauso wichtig wie das Singen. Bei Wettbewerben fließt die Außenwirkung entscheidend mit ein.

Haben Sie den Barbershop-Klang einmal im Ohr, werden Sie ihn unter tausenden wiedererkennen.

Die haben Kondition!

Von der Theorie wage ich mich zur Praxis vor und schaue mir das Programm für die "Show der Champions" genauer an: Sechs Preisträger-Chöre und -quartette des ebenfalls am Wochenende stattfindenden Deutschen Barbershop-Chor und Quartett-Wettbewerbs werden auftreten, außerdem fünf preisgekrönte Ensembles aus den Staaten und England. Drei Stunden Barbershop am Stück - puh, die haben Kondition, denke ich mir - und auch hier werde ich eines Besseren belehrt: sie haben noch viel mehr Kondition! Denn erst zwei Stunden vor der eigentlichen "Show der Champions" endet der Wettbewerb und direkt nach dem Konzert gibt's einen Afterglow und ein Chorditorium bis tief in die Nacht, bei dem die Barbershopper alle nochmal zusammen singen können. Gemeinsam feiern ist wichtig, immerhin reisen viele der Teilnehmer extra von weit her an. Okay, mal sehen ob ich das durchhalte. Ich setze mich an den Rechner und klicke mich durch die Internetseiten der Teilnehmer, bis ich beim ersten Video hängen bleibe. Es ist eine Barbershop-Version des Herman's Hermits Songs "I'm into something good". Vier junge Mädels singen in einem Klassenzimmer. Die Videoqualität ist alles andere als berauschend, aber: diese Musik ist wirklich "something good". Something really good!

Ich verstehe jetzt, was die Sänger meinen, wenn sie von den süchtigmachenden Obertönen erzählen.

Die Kostüme sind ein echter Hingucker

Drei Stunden später. Draußen ist es schon dunkel, aber ich hänge immer noch bei Youtube rum und höre mir ein Barbershop-Arrangement nach dem nächsten an. Das Barbershop-Fieber hat mich gepackt. Jetzt verstehe ich, was die Sänger meinen, wenn sie von den süchtigmachenden Obertönen erzählen. Oder davon, wie viel Spaß es macht, seine Energie nicht nur im Gesang auszudrücken, sondern auch mit Tanz. Und diese farbenfrohen, witzigen Kostüme! Moment ... was zieh ich eigentlich an?

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