Christoph Prégardien, dieses Mal allerdings als Bariton: Auch auf seiner neuen CD zeigt der Sänger, was für ein intelligenter, stilsicherer und klangbewußter Gestalter er ist.
Bildquelle: © Deutsche Harmonia Mundi
Der CD-Tipp zum Nachhören
Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Wenn ein weltweit gefeierter Tenor plötzlich ins Bariton-Fach wechselt, so bedeutet das meistens, dass seine Karriere ihren Zenit überschritten hat. Wie schön also, dass es sich bei Christoph Prégardien mitnichten so verhält. Und so wird seine neueste CD, auf der er nun als Bariton Bachs berühmter "Kreuzstab-Kantate" zwei Kantaten von Georg Philipp Telemann gegenüberstellt, zum packenden Hörerlebnis.
Christoph Prégardiens Stärke liegt in makelloser Artikulation und in intelligenter Textausdeutung. Auch hier, im barocken Repertoire, machen sich seine reichen Erfahrungen als Lied-Interpret bezahlt. Noch immer besticht seine Stimme durch ihren dunklen, schimmernden Glanz. Ihre enorme Flexibilität verrät auch im Bariton-Register die Schmiegsamkeit des großartigen Tenors. Wie mühelos und stilsicher Phrasierungen gelingen, wie sich scheinbar wie von selbst große musikalische Bögen spannen, wie dramatische Akzente ohne jede Effekthascherei gelingen, das ist bewundernswert. In besonders berührender Weise zeigt sich Christoph Prégardiens Gesangskunst in den stillsten Momenten dieser Aufnahme. Einen Choral eben so schlicht singen zu können, wie es Text und Melodie meinen, das ist nicht jedem Sänger gegeben.
Begleitet wird Christoph Prégardien auf dieser Aufnahme, die übrigens nicht im Studio, sondern als Live-Konzertmitschnitt entstand, vom wunderbaren Vox Orchester, das unter der Leitung von Lorenzo Ghirlanda zeigt, wie elegant und federnd Könner auf historischen Instrumenten zaubern können. Für den Hörer ärgerlicher Minuspunkt ist der aus unerfindlichen Gründen nicht herausgeschnittene Publikumsapplaus, der die zuvor so gekonnt aufgebaute spirituelle Stille am Ende der Kantaten gnadenlos zerstört. Auch wüßte man gerne, welcher Chor so innig den Schlusschoral der "Kreuzstab-Kantate" "Komm, o Tod, du Schlafes Bruder" singt. Doch hierüber schweigt sich das dürftige CD-Begleitheft aus. Wie schade! Und wie unangemessen dem, womit uns Christoph Prégardien und das Vox Orchester hier beschenken.
Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann
Christoph Prégardien, Bariton
Vox Orchester, Leitung: Lorenzo Ghirlanda
Label: Deutsche Harmonia Mundi
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 8. Juli 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK