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CD - Franz Xaver Richter Sinfonien, Sonaten und Oboenkonzert

Ein Trinker soll er gewesen sein und ein Griesgram. Aber die Musik von Franz Xaver Richter klingt frisch und nach Aufbruch. Das Basler Capricornus Consort hat einen der mitreißendsten Musiker der Mannheimer Schule wiederentdeckt.

CD-Cover: Franz Xaver Richter: Richter: Sinfonien, Sonaten & Oboenkonzert | Bildquelle: © Christophorus

Bildquelle: © Christophorus

Der CD-Tipp zum Nachhören

Die Bilder, die wir von Franz Xaver Richter haben, sind nicht gerade vorteilhaft. Das einzige erhaltene Porträt zeigt einen griesgrämigen Alten mit Perücke, der diktatorisch mit einer Notenrolle in der Hand seinen Chor dirigiert. Mozarts Briefe malen das Bild eines Trinkers; der Herr Kapellmeister Richter müsse sich leider einschränken, lästert er, "anstatt 40 Bouteille Wein sauft er izt nur 20 des Tages". Und die Musikgeschichtsschreibung hat Richters Konterfei längst in der Schublade "Vorklassik" abgelegt. "Vorklassik" - das klingt nach "vorgestrig" und "vorläufig", so als wäre Richter ein unausgegorenes Übergangsmodell. Aber vielleicht ist dieses Vorurteil einfach nur - voreilig?

Geiger und Sänger in der Mannheimer Hofkapelle

Das Capricornus Consort Basel zeichnet ein ganz anderes Bild von Franz Xaver Richter: nicht mürrisch, sondern frisch; nicht Auslaufmodell, sondern Symbolfigur des Aufbruchs; kein Säufer, sondern ein Könner. Ein ganzes Jahrhundert Musikgeschichte hat der aus Mähren stammende Richter mitgestaltet - als Kapellmeister im beschaulichen Kempten und am großen Straßburger Münster, vor allem aber, 23 Jahre lang, als Geiger und Sänger in der Mannheimer Hofkapelle. Kurfürst Karl Theodor war gerade dabei, das beste und modernste Orchester des 18. Jahrhunderts aufzubauen. Und so wurde Franz Xaver Richter zum Mitbegründer der Mannheimer Schule, die europaweit für Furore sorgen sollte.

Sinfonien und Triosonaten von Richter

Neben dem Oboenkonzert, von Xenia Löffler mit flexiblem Ton zum Singen gebracht, sind auf dieser CD Sinfonien und Triosonaten von Richter versammelt. Ein Teil davon ist vor fast 40 Jahren schon mal von der Camerata Bern aufgenommen worden und klang damals recht gediegen und bieder. Ganz anders beim Capricornus Consort Basel. Das siebenköpfige Originalklangensemble verwandelt die Instrumentalstücke in eine aufregende Klangrede, bei der jedes Wort anders betont wird und sogar der Bass seine Meinung sagen darf. Das klingt virtuos und feurig in den Ecksätzen, sanglich und wunderbar farbenreich dagegen in den langsamen Sätzen, in die Primgeiger Peter Barczi duftig leichte Verzierungen hineinzaubert.

So beseelt, so einfallsreich, so fantasievoll wirkt diese Musik, dass die Frage völlig unerheblich wird, ob das denn noch Spätbarock ist oder schon Vorklassik, wie viel Corelli und Vivaldi da noch drin steckt oder wieviel Haydn da schon durchschimmert. Franz Xaver Richters Musik kann, wenn sie so mitreißend interpretiert wird, auch ganz für sich allein bestehen. Und egal, welches Bild wir uns von ihm machen - es darf in keiner Ahnengalerie der Musikgeschichte fehlen.

Franz Xaver Richter: Sinfonien, Sonaten & Oboenkonzert

Xenia Löffler (Oboe)
Capricornus Consort Basel | Peter Barczi
Label: Christophorus

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 1. Oktober 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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