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CD - Jacob Obrecht Missa Grecorum

Wie die "Missa Grecorum" zu ihrem Namen kam, darüber rätselt die Musikwissenschaft bislang erfolglos. Immerhin ist das repräsentative Werk Jacob Obrechts nun endlich auf CD erschienen!

Jacob Obrecht - Missa Grecorum | Bildquelle: © Hyperion

Bildquelle: © Hyperion

Als Anfang des 20. Jahrhunderts die Notenbände der ersten Obrecht-Gesamtausgabe erschien, war sie eine der ersten, die das Werk eines Meisters der frankoflämischen Vokalpolyphonie erschlossen hat. Knappe 100 Jahre später, im Jahr 1999, wurde die überarbeitete Fassung mit Korrekturen und Neuzuschreibungen abgeschlossenen. Doch viele Werke Jacob Obrechts sind bis heute noch nicht auf CD zugänglich. Das Brabant Ensemble um Stephen Rice schließt mit seiner neuesten Einspielung einige empfindliche Lücken in der Obrecht-Diskographie.

Haltlose Spekulationen

Zentrales Werk der CD ist die repräsentative Missa Grecorum, die die technische Versiertheit des 1457 oder 58 in Gent geborenen Komponisten in allen Facetten zum Vorschein bringt. Umso erstaunlicher, dass die Ersteinspielung so lange auf sich warten ließ. Und auch an der Frage nach dem eigentümlichen Titel der Missa Grecorum, also in etwa "griechische Messe", beißen sich die Musikhistoriker bislang die Zähne aus. Vermutet wurde schon allerlei, ein byzantinischer Hintergrund etwa oder Verbindungen zur römischen Osterliturgie, bei der die Lesungen in griechischer Sprache abgehalten wurden. Für diesen Oster-Link spricht die Tatsache, dass die Messe unter anderem die berühmte Ostersequenz Victimae paschali laudes als Cantus firmus benutzt. Doch sind dies alles eher haltlose Spekulationen: Obrecht brachte es als flämischer Italienfahrer immerhin bis Ferrara, aber in Rom war er Zeit seines Lebens nicht, geschweige denn in Byzanz. Vielleicht also einfach ein Lesefehler des Herausgebers? Petruccis Ausgabe von 1503 ist schließlich die einzige Quelle, die diese große Messe überliefert.

Brabant Ensemble leistet Pionierarbeit

In gewohnt meisterhafter Manier bringt das Brabant Ensemble den ganz eigenen Ton dieser alten Musik zum Klingen: Uns vielleicht herb erscheinende Harmonien werden leichtfüßig abgefedert ohne den Fluss der kunstvoll verzahnten Melodien auszubremsen. Neben der Messe erklingen die originelle und ebenfalls zum ersten Mal aufgenommene Motette O Beate Basili und Obrechts wunderschöne und vom Ensemble frisch interpretierte Antiphon Salve Regina. Schlusspunkt bildet ein bislang anonymes Agnus Dei aus dem sogenannten Codex Breslau, das Obrecht erst kürzlich zugeschrieben wurde. Mit der Stückauswahl rund um die Missa Grecorum leistet das Brabant Ensemble also einmal mehr Pionierarbeit. Und die Ungereimtheiten um den Namensursprung? Dem geneigten Hörer dürfte es letztlich egal sein, wie das Kind zu seinem Namen kann. Wir freuen uns einfach über diese bereichernde Neueinspielung.

Jacob Obrecht - Missa Grecorum und Motetten

The Brabant Ensemble, Leitung: Stephen Rice
Label: Hyperion

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 11. Februar 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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