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Jazzalbum des Monats – Matt Carmichael: "Where will the River Flow" Magie der Melodie

Matt Carmichael: Nie gehört? Dieser Musiker ist gerade erst dabei, bekannt zu werden: 21 Jahre alt. Ein Saxophonist. Aus Schottland. Und ganz offenbar ein herausragendes Talent. Soeben ist seine Debüt-CD unter eigenem Namen erschienen – und zwar mit lauter Eigenkompositionen des jungen Musikers. In seinem Quartett spielt der Pianist Fergus McCreadie mit, der vor kurzem ebenfalls mit einem aufregend schönen Album voller eigener Stücke auf sich aufmerksam machte. Schottland geizt ganz offenbar nicht mit Begabungen.

CD-Cover "Where will the River Flow", Matt Carmichael | Bildquelle: Porthole Music

Bildquelle: Porthole Music

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Eine Melodie, die das Gemüt sanft verschnürt in den schönen Windungen, die sie nimmt: Damit beginnt diese CD. Und das Stück steht beispielhaft für das ganze Album. Musik, die einlädt, sich in die Klänge hineinfallen zu lassen: Das ist die Musik des jungen schottischen Saxophonisten Matt Carmichael.

Gelassene Schönheit des Spiels

21 Jahre alt ist dieser Musiker. Seine Band hat er schon, seit er 16 war. Mit ihr spielte er auch bereits im berühmten Londoner Club „Ronnie Scott’s“. Was sofort auffällt, ist die gelassene Schönheit, mit der seine Stücke daherkommen. Oder auch: die schöne Gelassenheit. Carmichael lässt Melodien wirken. Einfache, aber äußerst charmante Themen. Und nirgends fällt ein Ehrgeiz des Glänzen- und Beeindrucken-Wollens auf. Stattdessen: warmtönender Klang und ein Sinn für Stimmungen. Die bauen sich ganz in Ruhe auf, lassen sich genüsslich auskosten und finden danach einen meist völlig organischen, wie selbstverständlichen Schluss. Diese Ruhe hat aber nichts mit Gemütlichkeit zu tun.

Huldigung An Schottlands reißendsten Fluss

Eine der Aufnahmen prescht sogar wild und ungestüm los. Und das muss so sein. Es ist dem reißendsten Fluss in Schottland gewidmet, „The Spey“, einem sehr schnellen Gewässer. Schnell. Und definitiv schottisch. In diesem dahinstürmenden Fünfminüter lassen die vier Musiker viel von ihrer Energie raus.

Kein Zweifel: Diese Band – in der der vor kurzem auch mit der exzellenten eigenen CD „Cairn“ aufgefallene Pianist Fergus McCreadie mitspielt - ist eine Entdeckung wert. Ihre Musik hat auch Ecken und Kanten – und eine ganz eigene, fließende – und wenn es sein muss: wirbelnde Kraft. Da darf beim Hören schon mal der Schweiß ausbrechen. Aber dann wechseln auf diesem Album wieder Landschaft und Stimmung – und die Musik taucht ein in sanfte, zarte Momente.

Farbenreiche Töne, die Lust auf Schottland machen

Herrlich, wie der Saxophonist sein Spiel einfärben kann: Auch mit den ganz zarten Tönen auf der Farbpalette geht er souverän um – und kippt in keinem Moment in kitschige Effekte. Ein Stück, das Matt Carmichael viel bedeutet, ist eines, mit dem er an seine verstorbene Großmutter erinnert. Fein, warm und einnehmend sind nicht nur darin die Töne dieses jungen Saxophonisten. Sie machen Lust, möglichst bald nach Schottland zu reisen. Wenn das aus diversen Gründen im Moment körperlich nicht geht, dann wenigstens im Geiste, mit diesen Klängen. Und vielleicht will man dann ganz schnell nochmals und nochmals und nochmals hin. Wäre nicht verwunderlich.

Infos zur CD

Matt Carmichael: "Where Will The River Flow"
Matt Carmichael, Tenorsaxophon
Fergus McCreadie, Klavier
Ali Watson, Kontrabass
Tom Potter, Schlagzeug.

Label: Porthole Music
VÖ: 12. März 2021

Sendung: "Leporello" am 6. April 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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