BR-KLASSIK

Inhalt

Album der Woche – Singer Pur "Musica Divina"

Seit mehr als drei Jahrzehnten ist das Vokalensemble Singer Pur mittlerweile im Konzertbetrieb unterwegs. Von den Gründungsmitgliedern ist inzwischen nur noch der Tenor Markus Zapp mit von der Partie. Der Qualität des Sextetts haben die vielen Wechsel aber kein bisschen geschadet. Seit langem gehört es zu den besten seiner Art. Die Renaissance liebt das Sextett besonders und hat für deren Pflege 2019 sogar die Leitung eines Festivals in der Nähe von Regensburg übernommen. Das neueste Album mit dem Titel "Musica divina" ist ein erneuter Beweis für diese Begeisterung.

CD-Cover: Singer Pur – "Musica Divina" | Bildquelle: Spektral

Bildquelle: Spektral

Den CD-Tipp anhören

Es ist, als trage einen ein breiter, ruhig dahinfließender Strom mit sich fort. Man taucht ein und überlässt sich eine Stunde lang ganz diesen wunderbaren Renaissance-Motetten, Musik, die aus unendlich weiter Ferne zu erklingen scheint. Wer kennt schon noch Namen wie Andreas Raselius oder Alexander Utendal. Und doch kann ihre Musik uns so nahe sein, wenn wir uns auf sie einlassen. Wie eine Perlenkette reihen sich die siebzehn Kompositionen aus dem 16. Jahrhundert aneinander. Sie ähneln einander, und doch hat jede ihren eigenen Ton. Vor allem ist eine schöner als die andere. Meditationsmusik auf höchstem Niveau und in Vollendung, kaum zu gebrauchen als Hintergrundgesäusel in einem Mediationskurs.

Palestrina und seine Zeitgenossen komponierten die reinste Form geistlicher Musik

Die Musik der Renaissance war schon historisch, als der Regensburger Kanoniker und Musikforscher Carl Proske im 19. Jahrhundert damit begann, alte handschriftliche Stimmbuchsätze zu sammeln. Die entsprachen im 16. und 17. Jahrhundert – leicht ins Unreine gesprochen – dem, was man später Partitur nannte. Proske war ein Fan dieser alten Vokalmusik. Von ihrer Wiederbelebung versprach er sich eine Renaissance der Kirchenmusik, die nicht zuletzt unter den napoleonischen Kriegen und den Säkularisierungen der Epoche gelitten hatte. Für Proske hatten Palestrina und seine Zeitgenossen die reinste Form geistlicher Musik komponiert. Weshalb er sich leidenschaftlich um ihre Wiederaufführung kümmerte.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wer ...
... sich von Musik in andere Welten und Zeiten tragen lassen möchte.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil ...
... es wunderbare Motetten der Renaissance in perfekter Interpretation bietet.

Dieses Album hat bei Überdosis ...
... leicht narkotisierende Wirkung.

Vollendet schöne Kompositionen

Zu Recht gilt Singer Pur als eines der herausragenden Vokalensembles unserer Zeit. Das Sextett, fünf Herren und die Sopranistin Claudia Reinhard, hat ein bewundernswert breites Repertoire von Perotinus, also Musik des 12. Jahrhunderts, bis hin zu Sting-Arrangements. Die Musik der Renaissance allerdings war immer zentral, und das neue Album mit Vokalmusik aus der Schatztruhe Carl Proskes macht wieder einmal klar, weshalb. Vollendet schöne Kompositionen in vollendeter Interpretation. Ideal sind Klang und Stimmen ausbalanciert, makellos werden die Linien geführt, perfekt die Harmonien gesetzt. Das könnte alles schöner nicht sein.     

Unendliche Ruhe und Gelassenheit

Vielleicht ist das die Musik der Stunde, die richtige Musik für unsere hektisch rastlose, von Unrecht, Krieg, Grausamkeit und Ängsten geprägte Zeit. Es ist Musik, die unglaublich suggestiv das Gefühl unendlicher Ruhe und Gelassenheit, von tiefem Frieden vermittelt. Musica divina hat Singer Pur das Album genannt, und göttlich ist diese Musik tatsächlich. Man muss nicht religiös sein, um das zu spüren.

Infos zur CD

"Musica Divina"
Göttliche Vokalmusik aus der Schatztruhe Carl Proskes
Musik von Josquin Desprez, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orlando di Lasso, Ludwig Senfl, Tomas Luis de Victoria u.a.

Singer Pur

Label: Spektral

Sendung: "Piazza" am 27. August 2022 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player