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Film - "Auf der Suche nach Oum Kulthum" Die große Stimme der arabischen Kultur

Oum Kulthum war der erste Popstar der arabischen Welt – eine Frau, die über die Liebe und das Verlangen sang, wehmütig und leidenschaftlich. Schon als Kind verzückte sie mit ihrer Stimme die Zuhörer in Ägypten, und wurde dann als Heranwachsende von ihrem Vater lange Zeit burschikos verkleidet, weil es unverheirateten Frauen verboten war, vor Männern zu singen.

"Auf der Suche nach Oum Kulthum", Szenenfoto | Bildquelle: RazorFilm

Bildquelle: RazorFilm

Die Kritik zum Anhören

"Ich kann mich erinnern: Als ich selbst jung war, war Oum Kulthum auch im Iran sehr populär. Meine Eltern hörten sie gerne, und in Taxis und Bussen wurde sie auch viel gespielt – und das, obwohl die meisten Iraner ja kein Arabisch verstanden." So erzählt es die im Iran geborene Regisseurin Shirin Neshat. Man freue sich sehr, dass endlich ein Kinofilm vom Leben dieser politisch kämpferischen Musikerin erzählt. Oum Kulthum, die während ihrer großen Karriere 80 Millionen Tonträger verkaufte, die für Frauenrechte sang und übergriffige Männer in die Schranken wies. Als sie 1975 in Kairo beerdigt wurde, waren angeblich vier Millionen Menschen auf den Beinen, um ihr das letzte Geleit zu geben.

Film im Film

Shirin Neshat wollte schon lange einen Film über Oum Kulthum machen, scheiterte aus verschiedenen Gründen immer wieder daran – und inszenierte schließlich doch, wenn auch etwas anders als ursprünglich gedacht. Nun ist es eine Film-im-Film-Geschichte geworden – über eine Regisseurin wie Neshat, die eben daran scheitert, ein Biopic über die legendäre Musikerin zu drehen. Das wirkt recht konstruiert, arg gekünstelt und bemüht, nimmt den Zuschauer nur in wenigen Szenen richtig mit in eine fremde Welt und ist in seinen Verschachtelungen oft allzu abstrakt. An die traumartig verstörende Atmosphäre von Shirin Neshats erstem Kinofilm "Women without Men" über das Schicksal mehrerer Frauen im Iran zur Zeit des Militärputsches 1953 kommt "Auf der Suche nach Oum Kulthum" nicht heran.

Die Neuaufnahmen erleichtern den Zugang zu dieser Musik.
Shirin Neshat, Regisseurin des Films

Songs mit faszinierendem Sog

Trotzdem ist das Film-im-Film-Drama in mancherlei Hinsicht sehenswert: Zum einen, weil der österreichische Kameramann Martin Gschlacht wieder beeindruckende Bilder schafft und raffiniert mit ästhetischen Brüchen arbeitet. Zum anderen, weil die Schauspielerin, die im Film Oum Kulthum darstellt, virtuos agiert – und zum dritten, weil die Songs der Ägypterin einen faszinierenden Sog ausüben. Aus rechtlichen Gründen durfte die Regisseurin die historischen Aufnahmen nicht verwenden, stattdessen ließ sie die Lieder von einer zeitgenössischen Musikerin im Stil Kulthums nachsingen. "Die Neuaufnahmen erleichtern den Zugang zu dieser Musik", sagt Neshat. "Die emotionale Tiefe der Lieder konnten wir bewahren, aber für heutige Ohren sind unsere Re-Recordings einfach etwas eingängiger."

Sendung: "Leporello" am 11. Juni 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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