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Filmtipp "Licht" Ein blindes Wunderkind versucht die Emanzipation

In Wien ist eine Gasse nach ihr benannt. Aber nur noch wenigen ist die Pianistin und Komponistin Maria Theresia von Paradis ein Begriff, die zu ihrer Zeit eine Berühmtheit war. Mozart soll von ihrem Talent so angetan gewesen sein, dass er sein Klavierkonzert KV 456 für sie komponierte. Warum Paradis im vierten Lebensjahr plötzlich erblindete, dafür gibt es nur Spekulationen. Jetzt kommt ein Film ins Kino, der sich mit Krankheit und versuchter Heilung der Pianistin auseinandersetzt.

Szenenbild Film "Licht", Österreich/Deutschland 2017 | Bildquelle: © Christian Schulz

Bildquelle: © Christian Schulz

Ihre Augen rollen wild umher, der Kopf ruckelt, wenn Maria Theresia, genannt Resi, musiziert. Die junge Frau mit den ekstatischen Gebärden ist eine berühmte blinde Pianistin am Wiener Hof anno 1777. Aber Achtung hat niemand vor der 18-Jährigen. Ihre Eltern präsentieren sie als Schaustück, die Soiree-Gäste sehen in ihr einen Freak. Denn in einer auf Konkurrenz und Pomp gerichteten Gesellschaft ist jede Besonderheit etwas wert. Die Regisseurrin Barbara Albert, eine der bedeutendsten jüngeren Vertreterinnen des österreichischen Films, erzählt in ihrem Film "Licht" eine Episode aus dem Leben der Mozart-Zeitgenossin Maria Theresia von Paradis, es ist zugleich die subtile Geschichte einer Emanzipation.

Schmerzhafte Therapien

Maria Dragus, die ihre Augen so verdreht, dass man sie für eine echte Blinde halten könnte, ist die ideale Darstellerin der zunehmend selbstbewusster werdenden Pianistin. Nach vielen falschen, schmerzhaften Therapien, die schwere körperliche Qualen mit sich gebracht haben, begibt sich die junge Frau 1777 in Behandlung des Alternativmediziners Franz Anton Mesmer, der mit seinem Magnetismus von sich reden macht. Tatsächlich ereignet sich in seinem Palais etwas kaum für möglich Gehaltenes: Maria beginnt, das Licht wieder wahrzunehmen.

Freiräume zur persönlichen Entfaltung

Szenenbild Film "Licht", Österreich/Deutschland 2017 | Bildquelle: © Christian Schulz Schwierige Verhältnisse: "Resi" neben ihrem Arzt und ihrem Vater. | Bildquelle: © Christian Schulz Der Film ergründet das Mysterium der rückkehrenden Sehkraft psychologisch schlüssig, belegt es aber nicht mit Fakten. Er deutet die Blindheit als eine von einem Kindheitstrauma herrührende seelische Erkrankung. Der großartige Devid Striesow gibt Mesmer folglich als einen einfühlsamen Psychologen. Er bietet Maria Theresia die Freiräume zur persönlichen Entfaltung, die ihre gnadenlosen Eltern ihr verwehrt haben und weckt ihre schöpferischen Kräfte am Hammerklavier. Fortan spielt Resi nicht nur Stücke von Mozart, Haydn, Bach oder Kirnberger, die dem Film in der stilsicheren Einstudierung der Hammerklavierspielerin Sonja Leipold das adäquate Zeitkolorit geben, sondern fängt auch an zu improvisieren. Doch unter dem wachsenden Sehvermögen leidet zusehends Resis Klavierspiel. Immer häufiger schleichen sich falsche Töne ein - zum Leidwesen ihres Vaters, der sie anhält, wie Mozart mit verdeckter Klaviatur zu spielen.

Hoffnungsvolles Ende

"Licht" ist ein feiner, sinnlicher, mit prächtiger historischer Ausstattung auch optisch ansprechender Film, der, wiewohl die Heldin nach der gescheiterten Selbstbefreiung erneut erblindet, nicht tragisch endet. Die adlige Gesellschaft, die die Regisseurin bisweilen in ihrer Bösartigkeit mit zynischen Dialogen überzeichnet, kann die starke Frauenpersönlichkeit in ihrem Drang nach einem selbstbestimmten Leben nicht aufhalten. In der letzten Einstellung spielt sie eines ihrer ersten eigenen Stücke, eine Fantasie in G-Dur.

"Licht"

Regie: Barbara Albert
Dauer: 97 Minuten
u.a. mit Maria-Victoria Dragus, Devid Striesow, Katja Kolm

Filmstart: 1. Februar 2018

Sendung: "Allegro" am 1. Februar 2018 ab 06.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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