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Fanny & Felix

Die Mendelssohns: Zwei Leben für die Musik

Fanny und Felix Mendelssohn Zwei Leben für die Musik

BR-KLASSIK setzt seine erfolgreiche Reihe mit Hörbiografien großer Komponisten fort: Dieses Mal steht das wohl erstaunlichste Geschwisterpaar der Musikgeschichte im Mittelpunkt. Fanny und Felix Mendelssohn. In zehn Kapiteln erzählt Jörg Handstein vom Leben und Schaffen beider, von ihrem engen, auch schwierigen Verhältnis.

Twon Hall in Birmingham | Bildquelle: picture-alliance/dpa Town Hall in Birmingham | Bildquelle: picture-alliance/dpa Im August 1846 dirigierte Felix Mendelssohn Bartholdy die Uraufführungs seines zweiten Oratoriums Elias. Ein Chronist berichtet aus der Town-Hall der Industriestadt Birmingham: "Alle Augen waren auf das Pult gerichtet, als ein ohrenbetäubender Schrei aus Chor und Orchester den großen Komponisten ankündigte. Im selben Moment flutete die Morgensonne das mächtige Gebäude mit Licht, zu Ehren des hellen, reinen Wesens, das da stand!" Derart verklärt zu einer Art Messias der Musik, stand Mendelssohn auf dem Gipfel seiner glanzvollen Laufbahn. In Deutschland galt er ohnhin als größter lebender Musiker, ja als Repräsentant der klassischen Musik überhaupt.

Gegen den Willen des Bruders

Opus 1 von Fanny Mendelssohn | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Im Sommer 1846 erschien auch das op. 1 von Fanny Hensel: Sechs Klavierlieder. Erst im Alter von 40 Jahren wagte sie es, ein Werk gegen den Willen ihres jüngeren Bruders Felix zu veröffentlichen. Beide hatten die Vorurteile ihrer Zeit verinnerlicht: Frauen seien begabt für kleine, lyrische Stücke, aber für größere Formen fehle ihnen die Kraft. Und: Frauen der höheren Kreise sollten nicht professionell arbeiten. So war Fannys Schaffen auf einen privaten Raum beschränkt, der zu Felix‘ Wirkungsfeld in krassem Gegensatz stand. In aller Stille entstanden hunderte von exzellenten Liedern und Klavierstücken, dazu einige bedeutende Werke größeren Formats. Ihre häuslichen "Sonntagsmusiken" waren einzigartige, viel gerühmte Veranstaltungen. Nur als Komponistin fand sie wenig Gehör.

Heute wird wird Fanny längst nicht mehr totgeschwiegen. Es gibt Aufnahmen, mehrere Biografien, und den neueren Büchern zu Felix nimmt sie einen gebührenden Platz ein. Diese Hörbiografie aber folgt beiden Lebenswegen simultan und gleichberechtigt: eine Doppelbiografie, die perspektivisch offen bleibt. Dabei zeigt sich, dass auch Felix‘ Leben nicht so glücklich verlief, wie man gerne meint. Der Anpassungsdruck des konvertierten Juden, die Widersprüche der Zeit zwischen Biedermeier und Revolution, zwischen hehrer Klassik und beschleunigter Moderne haben ihn umgetrieben. Fanny hingegen litt am Desinteresse ihrer Zeit. Richtig glücklich war sie nur im Sommer 1846 und während ihres Aufenthalts in Rom 1840: Der im Gefolge der Italienreise entstandene Klavierzyklus Das Jahr und das späte Klaviertrio zeigen, wozu sie fähig war, wenn sie offene Ohren und Herzen fand.

Chronik

Kapitel 1: Glückskinder

  • 1743 Moses Mendelssohn kommt als Talmud-Schüler nach Berlin. Als Philosoph wird er eine Schlüsselfigur der jüdischen Aufklärung.
  • 1804 Moses’ Sohn Abraham Mendelssohn heiratet Lea Salomon.
  • 1805 Am 14. November in Hamburg Geburt von Fanny.
  • 1809 Am 3. Februar in Hamburg Geburt des zweiten Kindes Felix.
  • 1811 Übersiedelung der Familie nach Berlin.
  • 1816 Evangelische Taufe der nunmehr vier Kinder (Rebecka geb. 1811, Paul geb. 1812).
  • Fanny und Felix erhalten Klavierunterricht durch Ludwig Berger.
  • 1819 Fanny und Felix studieren Komposition bei Carl Friedrich Zelter.
  • 1820 Der Vater schreibt Fanny, sie dürfe keinen musikalischen Beruf ergreifen.
  • 1821 Zelter nimmt Felix mit zu Goethe nach Weimar.
  • 1822 Familienreise in die Schweiz. Die Eltern lassen sich taufen. Die ganze Familie trägt nun offiziell den Zusatznamen "Bartholdy".
  • 1825 Der Vater nimmt Felix mit nach Paris. Cherubini befürwortet Musikerlaufbahn.


Kapitel 2: Gartenträume

  • 1825 Umzug der Familie in ein großes Anwesen an der Leipziger Straße.
  • 1826 Felix komponiert Ouvertüre zu Ein Sommernachtstraum und nimmt drei Lieder von Fanny unter seinem Namen in sein op. 8 auf.
  • 1828 Fanny verlobt sich mit dem Maler Wilhelm Hensel.
  • 1829 Felix leitet an der Berliner Singakademie die epochale Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion. Fanny singt im Chor.


Kapitel 3: Schottische Symphonie

  • 1829 Felix reist nach England. Konzertiert erfolgreich in London. Fanny komponiert Liederkreis an Felix. Im Sommer durchwandert Felix die schottischen Highlands. Erste Skizzen zu Schottischer Symphonie und Hebriden-Ouvertüre. Zurück in London Komposition des Streichquartetts in Es-Dur op. 12.


Kapitel 4: Felix on Tour

  • 1829 Fanny heiratet Wilhelm Hensel.
  • 1830 Felix reist nach Italien. Geburt von Fannys einzigem Kind Sebastian. Felix bis Juni 1831 vorwiegend in Rom. Werke u.a.: Erste Walpurgisnacht, Hebriden-Ouvertüre, Italienische Symphonie, Klavierkonzert in g-Moll.
  • 1831 Fanny komponiert drei Kantaten und leitet ab jetzt die "Sonntagsmusiken" im Haus Mendelssohn.


Kapitel 5: Paris – London – Berlin

  • 1831 Felix reist über die Schweiz und München nach Paris. Die UA der Reformations-Symphonie scheitert. Erlebt Ausbruch der Cholera.
  • 1832 Abermals große Erfolge in London, das zum Fixpunkt von Felix’ Laufbahn wird. Zurück in Berlin hat er eine Phase von Depression und Stagnation.


Kapitel 6: Eine ernste Sache

  • 1833 Von der Berliner Singakademie nicht als Leiter gewählt, geht Felix nach Düsseldorf. Ab Oktober Städtischer Musikdirektor. In London UA der Italienischen Symphonie.
  • 1834 Fanny: Streichquartett in Es-Dur als erstes avanciertes Kammermusikwerk. 1835 Felix wird Kapellmeister am Leipziger Gewandhaus. Im November Tod des Vaters.


Kapitel 7: Verliebt, verlobt, verheiratet

  • 1836 Erfolgreiche UA des Paulus in Düsseldorf. Fanny singt im Chor und führt später Teile des Oratoriums in Berlin auf.
  • 1837 Felix heiratet Cécile Jeanrenaud. Während der Hochzeitsreise entstehen unter anderem der 42. Psalm und das Streichquartett in e-Moll.


Kapitel 8: Fanny on Tour

  • 1837 Felix wird in London und Birmingham (UA Klavierkonzert in d-Moll) frenetisch bejubelt.
  • 1838 Fannys erster öffentlicher Auftritt (spielt Felix’ Klavierkonzert in g-Moll in Berlin). Geburt von Carl, erstes von Felix’ insgesamt fünf Kindern.
  • 1839 Felix dirigiert UA von Schuberts Großer C-Dur-Symphonie. Die Familie Hensel beginnt eine einjährige Reise nach Italien.
  • 1840 In Rom angeregte Schaffensphase Fannys. Stücke für das Reise-Album.


Kapitel 9: Im Dienst Seiner Majestät

  • 1841 Felix wird von König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufen.
  • Schauspielmusik zu Antigone von Sophokles. Fannys Klavierzyklus Das Jahr.
  • 1842 UA der Schottischen Symphonie in Leipzig. Londoner EA auf siebter Englandreise. Felix zu Gast bei Königin Victoria. In Berlin Ernennung zum "Generalmusikdirektor" der Kirchenmusik. Tod der Mutter.
  • 1843 Gründung des Leipziger Conservatoriums der Musik. Fannys Klaviersonate
  • in g-Moll. Felix‘ Schauspielmusik zu Ein Sommernachtstraum.
  • 1844 Querelen mit Berliner Kirchenfunktionären, anstrengende Konzertreihe in London. Erholung in Bad Soden. Violinkonzert in e-Moll. Kündigt Posten in Berlin.


Kapitel 10: Wie die Zeit läuft

  • 1845 Fanny kommt ihrer in Italien erkrankten Schwester Rebecka zu Hilfe. Felix sagt wegen Überarbeitung alle Reisetermine ab. Rückkehr nach Leipzig. Enge Freundschaft mit der jungen Starsängerin Jenny Lind.
  • 1847 Fannys Klaviertrio in d-Moll. Felix beginnt Loreley. "Oft sehr leidend". Nochmals strapaziöse Englandreise. Zusammenbruch nach Fannys plötzlichem Tod am 14. Mai. Erholungsreise in die Schweiz. Streichquartett in f-Moll. Felix’ Tod am 4. November.

Mitwirkende:

Udo Wachtveitl (Erzähler)
Sabin Tambrea (Felix)
Martina Gedeck (Fanny)

Im Radio, auf CD und im Internet

Erstmals wurde diese Produktion ab dem 18. November 2019 auf BR-KLASSIK ausgestrahlt. Außerdem ist sie auch als CD-Box im Handel und im BR-Shop erhältlich.

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