BR-KLASSIK

Inhalt

Kritik – "Tannhäuser" bei den Bayreuther Festspielen Von ulkig bis todtraurig

Am Montag feierte Wagners "Tannhäuser" in Bayreuth Premiere. Es handelt sich um die Wiederaufnahme der Inszenierung von Tobias Kratzer aus dem Jahr 2019. Kratzer thematisiert darin den Clash der Kulturen. Da steht der Wagnergesang der Minnesänger auf der einen Seite, und die provokante Subkultur der Venus auf der anderen.

Szenenbild "Tannhäuser" bei Bayreuther Festspielen | Bildquelle: EnricoNawrath

Bildquelle: EnricoNawrath

Die Kritik zum Anhören

Auch im dritten Aufführungsjahr von Tobias Kratzers frecher "Tannhäuser"-Interpretation, ist die ursprüngliche Besetzung auf dem Grünen Hügel zu erleben: Tenor Stephen Gould bekennt sich im Programmheft-Interview voll und ganz zu Kratzers eigenwilliger Deutung des abtrünnigen Minnesängers und hat sich nach seiner Absage für die Premiere der "Götterdämmerung" stimmlich innerhalb weniger Tage wieder fit gemacht. Gould kommt sogar im Verlauf der drei Akte immer besser in Form, sodass seine Rom-Erzählung im dritten Akt zum Höhepunkt seiner Darbietung wird.

Worum geht's eigentlich im "Tannhäuser"?

Sehen Sie hier den BR-KLASSIK-Crashkurs zur Wagner-Oper.

Flippige Venus

Ekaterina Gubanova hatte 2019 zur Premiere verletzungsbedingt aussetzen müssen, und wenn man sie jetzt als flippige Venus im Paillettenanzug erlebt, wundert einen nicht, dass sie sich bei dem Körpereinsatz damals den Fuß verknackst hat. Es ist schon eine außergewöhnliche Leistung, als Venus die Zuschauer im zweiten Akt rein pantomimisch zum Lachen zu bringen.

Die Inszenierung in Bildern

Im zweiten Akt wartet das Publikum schließlich sehnlichst auf die Auftrittsarie der Elisabeth, und mit Lise Davidsen in dieser Rolle ist die Belohnung besonders groß. Schon allein um diese Wagner- Ausnahmestimme zu erleben, lohnt der "Tannhäuser"- Besuch in Bayreuth!

Bayreuther Festspiele 2022

Lesen Sie hier weitere Kritiken der diesjährigen Aufführungen bei den Bayreuther Festspielen.

Emotionale Bandbreite

Aber auch Markus Eiche als Wolfram von Eschenbach ist ein festspielwürdiger Glücksfall. Wie textdeutlich man sein kann, beweist der Bariton selbst bei einem sehr gedehnten Lied an den holden Abendstern im dritten Akt. Unter Axel Kobers umsichtiger Leitung gelingen aber auch die musikalischen Extreme in dieser alle Emotionen auslotenden "Tannhäuser"-Version. Von ulkig bis todtraurig ist alles dabei.

"Tannhäuser" auf BR-KLASSIK

Eine Aufnahme der diesjährigen "Tannhäuser"-Produktion von den Bayreuther Festspielen sendet BR-KLASSIK am 22. Oktober 2022 ab 19.05 Uhr in Surround.

Statisten sorgen für Unterhaltung

Bei herrlichstem Sommerwetter versammelte sich in der ersten Pause wieder eine aus Festspielbesuchern und Passanten gemischte Menge im Park unterhalb des Festspielhauses und hatte richtig Spaß bei der Performance der beiden Statisten "Le Gateau Chocolat" und Manni Laudenbach. Zu lauter Konservenmusik platschen die beiden mit den Enten im Parkteich, und diese beiden Figuren aus der anarchistischen Venus-Truppe ergänzen das Sänger-Ensemble nach wie vor auch auf der Bühne und in den Videoclips von Manuel Braun sehr zum Vergnügen des Publikums. Mit Tobias Kratzers "Tannhäuser" in erstklassiger Besetzung ist also die gute Festspiel-Stimmung auf dem Grünen Hügel zurück.

Sendung: "Allegro" am 9. August 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (5)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Donnerstag, 11.August, 21:48 Uhr

Eva Seeberger

Auch ich finde...

... den Tannhäuser als Clown und Mörder eines Polizisten völlig geschmacklos. Ich lese viel Lob über diese Inszenierung. Sind die Menschen bei uns schon so abgebrüht und abgestumpft?

Mittwoch, 10.August, 11:28 Uhr

Gerlinde Seeger

Tannhäuser in Bayreuth

Na ja - ich habe es 2019 im Kino gesehen und fand es ganz schrecklich, furchtbar und gruselig. Seit wann ist "Tannhäuser" ein Clown? Warum wird von den Dreien ein Polizist erschossen? Warum findet das "Gebet" der Elisabeth auf einem Autofriedhof statt? Sie betet ja gar nicht, sondern isst Suppe mit dem schmuddeligen Statisten. Grrrr... Die Sänger und Sängerinnen haben mir sehr gut gefallen, ich habe alle von Herzen bedauert, weil sie in diesem.Chaos singen mussten...

Mittwoch, 10.August, 00:27 Uhr

Torsten

Kommentar Eberhard zu Tannhäuser

Wer schon das Wort grotesk falsch schreibt, keine Ahnung davon hat, daß es im Festspielhaus warm werden kann und zudem kein Verständnis für Maßnahmen zum Schutz seiner Mitmenschen und aller Beteiligten der Festspiele vor einer gerade grassierenden Pandemie hat sollte ohnehin keine Karten mehr bekommen. Für mich war dieser Tannhäuser eine wunderbare Umsetzung von "Kinder macht Neues" und ich habe ihn schon mehrfach auf DVD genossen! Leider ist mir dieses Vergnügen dieses Jahr nicht in Bayreuth vergönnt.

Dienstag, 09.August, 17:53 Uhr

Eberhard

Chor

Auch im Tannhäuser scheint es keinen Chor zu geben!

Dienstag, 09.August, 15:26 Uhr

Leonhard

Tannhäuuser

800 km gefahren, um in einem überhitzten Opernhaus , auf den engen und unkomfortablen Sitzen, mit über 1500 weiteren Besuchern einen krotesken, ja teilweise geschmacklosen (Überfahren des Polizisten) Tannhäuser unter Knieschmerzen und mit Atemnot ( Überhitzung und covid-Maske) erleben zu dürfen! Das ganze für 280€.
Vielleicht gehört das alles zum Gesamtpaket Wagneroper in Bayreuth dazu. Für mich persönlich allerdings nie wieder!

    AV-Player