BR-KLASSIK

Inhalt

Bregenzer Festspiele 2022 Alles außer gewöhnlich - Über das Besondere an Bregenz

Böse – oder vielmehr kulinarische – Zungen behaupten, das Beste an den Bregenzer Festspielen sei die Küche im Gasthof Hirschen in Schwarzenberg im Bregenzer Wald. Oder der Auftritt von James Bond, der bei einer Verfolgungsjagd das halbe Festspielhaus zerlegt hat. Aber zu Recht weltberühmt sind die Bregenzer Festspiele wegen ihrer ungewöhnlichen, spektakulären Opernaufführungen am Bodensee.

"Madame Butterfly" bei den Bregenzer Festspielen
| Bildquelle: picture alliance / STIPLOVSEK DIETMAR / APA /

Bildquelle: picture alliance / STIPLOVSEK DIETMAR / APA /

Die Bregenzer Festspiele können – und das ist das Schöne daran – volkstümlich UND elegant. Sollten Sie sich für die Festspiel-Lounge entscheiden, werden Sie mit einem reservierten Parkplatz, einem Aperitif mit Fingerfood, einer Führung mit Blick hinter die Kulissen und einem Dinner mit Blick auf die Seebühne belohnt. Ein Leica-Leihfernglas und überdachte gepolsterte Sitze gibt's obendrein – und einen Farewell-Drink zum Ausklang. Für 370 Euro – Sonntag bis Donnerstag. Am Freitag und Samstag wird's unwesentlich mehr.

Oper unter freiem Himmel

Bühnenbild "Rigoletto" Bregenzer Festspiele 2019 | Bildquelle: picture alliance/APA/picturedesk.com "Rigoletto" feierte 2019 auf der Bregenzer Seebühne Premiere. | Bildquelle: picture alliance/APA/picturedesk.com Die große Mehrheit des allabendlich 7000-köpfigen Seebühnen-Publikums definiert einen gelungenen Opernabend allerdings nach anderen Kriterien. Für sie muss alles praktisch sein: die Schuhe bequem, die Jacken warm und das Regencape wasserdicht. Man sollte immer damit rechnen, dass das Wetterleuchten am Horizont, das man erst als grandios gelungenen  Regieeinfall bewundert, im Laufe des Abends bedrohlich näherkommt und das Gewitter-Quartett im letzten Akt von Giuseppe Verdis "Rigoletto" gruselig authentisch macht.

Akustisch bietet Bregenz seit Jahrzehnten Außergewöhnliches. Das Orchester spielt aus dem Off, die Sänger und Sängerinnen werden verstärkt – doch da scheppert und klirrt nichts, und da verschwindet auch kein Ton in dumpfen Untiefen.

Wenn die See- zur Seh-Bühne wird

Spektakulär Jahr für Jahr die Bühnenbilder: riesenhaft und gleichzeitig bespielbar müssen sie sein – und die See- zur Seh-Bühne machen. Und das Publikum trotz großer Distanz packen, reinziehen ins Geschehen. Das ist große Kunst, wenn es gelingt. Und es gelingt oft.

Seebühne Bregenz | Bildquelle: picture-alliance/dpa Das Bühnenbild zu "Tosca" bei den Bregenzer Festspielen | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bregenz ist faszinierendes Illusionstheater. Macht aus dem letzten Akt der "Tosca" eine beklemmende Einsamkeitsstudie. Und aus "Porgy and Bess" eine quietschbunte, hinreißend choreographierte Tanz- und Musikrevue, bei der immer wieder Polizeiautos über die Bühne rasen und scheinbar im Nichts verschwinden. Und wenn Carmen am Schluss von Don José nicht erstochen, sondern ertränkt wird und minutenlang kopfunter im Bodensee treibt, sind wir heilfroh, wenn wir sie beim Schlussapplaus wieder lächeln sehen. In diesem Jahr steht Puccinis "Madame Butterfly" auf dem Programm.

Für Neuentdeckungen ins Festspielhaus

Und das ist nur die eine Seite der Bregenzer Festspiele. Die andere spielt sich im Festspielhaus ab – als traditioneller Opernbesuch, aber mit großartigen Entdeckungen: Wo ist schon mal Ernest Chaussons "Arthus"-Oper zu sehen?  Oder "Die Passagierin" von Mieczysław Weinberg?

Nach der Vorstellung noch ein bisschen am Festspielhaus vorbeischlendern – auch um zu schauen, ob die Verwüstungen schon beseitigt sind, die Daniel Craig im Jahr 2008 bei seiner Verfolgungsjagd angerichtet hat. Siebeneinhalb Filmminuten ist das Festspielgelände umkämpfter Schauplatz im 22. Bond-Abenteuer "Ein Quantum Trost". Und am nächsten Tag dann - die Einkehr beim "Hirschen" oder anderswo…  und mit Thomas Bernhard sagen: "Wir sollten immer daran denken, dass es auch noch etwas anderes auf der Welt gibt als die Gewöhnlichkeit."

Die Bregenzer Festspiele auf BR-KLASSIK

21. Juli, 19.30 Uhr: "Siberia" von Umberto Giordano live aus dem Festspielhaus
13. August, 18.05 Uhr: Wiener Symphoniker bei den Bregenzer Festspielen

    AV-Player