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Das Heckelphon Ein unerhörtes Instrument

Samtiger Klang, tiefe Lage, bauchiger Liebesfuß. Das Heckelphon ist ein Holzblasinstrument, das vor 120 Jahren erfunden wurde – eine Art Mischung aus Englischhorn und Fagott. Obwohl ein Exot unter den Instrumenten, wird bis heute dafür komponiert. Unter dem Motto "Das unerhörte Heckelphon" finden jetzt zwei Konzerte in München und Münsing statt, wo Holger Hoos dieses Instrument spielt – unter anderem in einem neuen Werk von Graham Waterhouse.

BR-KLASSIK: Holger Hoos, Sie spielen Heckelphon. Wann und wie haben Sie dieses Instrument denn entdeckt? Sind Sie Oboist?

Holger Hoos: Nein, ich bin Fagottist. Aber das eigentlich auch nur nebenbei. Ich musste mich irgendwann zwischen Musik und Informatik entscheiden und bin dann Informatiker geworden. Aber ich habe die Musik immer ernsthaft nebenbei betrieben und auch immer nach einem Heckelphon Ausschau gehalten – seitdem ich 18 Jahre alt war. Vor fünf Jahren habe ich dann eines gefunden. Dem widme ich mich seitdem sehr intensiv.

Ein Instrument zwischen Englischhorn und Fagott

BR-KLASSIK: Es ist ein Holzblasinstrument. Was muss man sonst noch über das Heckelphon wissen?

Holger Hoos: Es ist im Grunde genommen das fehlende Instrument zwischen Englischhorn und Fagott. Schon Richard Wagner soll diese Lücke wahrgenommen haben und Herrn Heckel, der auch damals schon hervorragende Fagotte gebaut hat, gebeten haben, diese doch zu füllen. So ist das Heckelphon 1904 entstanden. Und Richard Strauss hat es 1905 dann gleich sehr prominent in der "Salome" eingesetzt.

BR-KLASSIK: Und später hat er es dann auch noch einmal in der "Alpensinfonie" verwendet, oder?

Holger Hoos: Ja, Strauss hat insgesamt fünf Werke mit Heckelphon-Besetzung geschrieben. Die "Alpensinfonie" war das letzte davon. Und das war nur der Anfang. Danach gab es ganz viele andere Komponisten, die auch für dieses Instrument geschrieben haben. Trotzdem ist es immer selten geblieben.

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Heckelphon vor 120 Jahren erfunden

BR-KLASSIK: Das Heckelphon feiert in diesem Jahr seinen 120. Geburtstag. Für Sie war das auch ein Anlass, um auch ein Buch darüber zu schreiben. Würden Sie uns ganz kurz etwas aus der Geschichte des Instruments erzählen?

Das Heckelphon hat eine wichtige Rolle in der Frühgeschichte des Jazz gespielt, und in der Filmmusik.
Holger Hoos, Heckelphonist

Heckelphonist Holger Hoos | Bildquelle: Archiv Holger Hoos Holger Hoos ist Informatiker, musiziert aber intensiv in seiner Freizeit. Er spielt Fagott und Heckelphon. | Bildquelle: Archiv Holger Hoos Holger Hoos: Auch nach der "Salome" von Richard Strauss gab es viele Interessantes zu diesem Instrument. Das ist aber weniger bekannt. Zum Beispiel hat das Heckelphon eine wichtige Rolle in der Frühgeschichte des Jazz gespielt – in der Paul Whiteman Band. An dem Abend, an dem die "Rhapsody in Blue" aufgeführt wurde, war in New York in der Aeolian Hall auch das Heckelphon mit auf der Bühne. Und später ist es auch in der Filmmusik sehr prominent eingesetzt worden, zum Beispiel in dem Klassiker "Vom Winde verweht".

Heckelphon auch heute noch im Orchester

BR-KLASSIK: Das ist hochinteressant. Darf das Heckelphon auch heutzutage mal im Orchester bei Sinfoniekonzerten mitspielen?

Holger Hoos: Selbstverständlich. Neben den Strauss-Werken gibt es auch relativ viele moderne Kompositionen, in denen das Heckelphon durchaus mal eingesetzt wird. Das sind schon ein paar Hundert. Die meisten von denen werden natürlich bedauerlicherweise nur sehr selten aufgeführt.

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"Perplexities after Escher" by Graham Waterhouse (world premiere at Richard Strauss Tage 2024)

Kompositionsauftrag für Heckelphon

BR-KLASSIK: Graham Waterhouse, Holger Hoos hat Sie gebeten, Musik für das Heckelphon zu schreiben. Wie lautete der Auftrag genau?

Graham Waterhouse: Ein konzertantes Werk für Heckelphon und Streicher. Weil ich selbst Streicher bin, wollte ich kein Solo für Heckelphon mit Begleitung schrieben. So ist ein
Kammermusikwerk entstanden, in dem auch die anderen Instrumente mit dem Heckelphon in Dialog treten. Es ist fast eine Art Concerto grosso oder Concertino.

BR-KLASSIK: Wir reden von Streichquartett und Kontrabass, oder?

Graham Waterhouse: Hauptsächlich Streichquartett, aber der Kontrabass bietet eine wunderbare zusätzliche Resonanz zum Ganzen. Und da das Heckelphon ein tiefes Instrument ist, bietet das ganz neue Klangdimensionen mit den tiefen Streichern.

Das Heckelphon bietet neue Klangdimensionen mit den tiefen Streichern.
Graham Waterhouse, Komponist

Cellist und Komponist Graham Waterhouse | Bildquelle: Archiv Graham Waterhouse Graham Waterhouse hat bereits zum zweiten Mal ein Werk für Heckelphon komponiert, das im Sommer in Garmisch-Partenkirchen aufgeführt wurde. | Bildquelle: Archiv Graham Waterhouse BR-KLASSIK: Es war nicht Ihre erste Begegnung mit dem Heckelphon. Sie haben schon vor fast 30 Jahren Musik fürs Heckelphon geschrieben ...

Graham Waterhouse: Ja, der frühere Leiter der Musikinstrumentenabteilung des Münchner Stadtmuseums hat mich damals darum gebeten. Das Heckelphon war zu der Zeit sein Lieblingsinstrument. Ich habe dann nach dem Hindemithschen Modell komponiert – also für Viola, Heckelphon und Klavier. Das war meine erste Begegnung mit diesem erstaunlichen Instrument.

BR-KLASSIK: Holger Hoos, waren Sie beim Kompositionsprozess mit dabei? Oder hat sich Graham Waterhouse da nicht in die Karten schauen lassen?

Holger Hoos: Meine ursprüngliche Idee war, ihn einfach machen zu lassen. Denn ich kannte das erste Stück und schätze es sehr. Und ich dachte mir, je weniger ich dort beteiligt bin, desto besser. Es ist dann doch etwas anders gelaufen. Ich hatte durchaus die Gelegenheit, ein bisschen stärker involviert zu sein, was mir große Freude bereitet hat. Ich weiß nicht, ob man dem Stück das anhört. Ich persönlich finde, dass es ganz hervorragend geworden ist.

Grafik, Mathematik und Musik kommen zusammen

MC Escher_Relativity, 1953 New York | Bildquelle: picture alliance / Photoshot | - Zeichnung von M.C. Escher (1898 - 1972) | Bildquelle: picture alliance / Photoshot | - BR-KLASSIK: Über dem Werk steht "Perplexities nach Escher". Und da kommt der gute alte M. C. Escher ins Spiel, ein niederländischer Künstler, 1972 gestorben, der vor allem für seine speziellen Grafiken bekannt geworden ist. Er hat mit optischen Täuschungen gearbeitet, mit grafisch zweidimensionalen Figuren eigentlich, die aber den Eindruck der Dreidimensionalität geben. Was hat Escher mit Ihrer Heckelphon-Musik zu tun?

Graham Waterhouse: Das war zum Teil eine Anregung von Holger. Ich habe mir frühe Grafiken von Escher angesehen, die er gemalt hat, als er noch nicht so berühmt für seine dreidimensionalen Täuschungen war. Escher hatte ein Wahnsinnstalent, musste sich aber entscheiden – ob er traditioneller Zeichner werden oder neue Wege beschreiten will. Und so ist es auch mit meiner Komposition. Sie steht zwischen traditioneller Kammermusik und experimentelleren Stücken.

BR-KLASSIK: Das Werk hat fünf Sätze. Das heißt, die korrespondieren mit fünf Grafiken von Escher?

Graham Waterhouse: So ist es. Das sind fünf frühe Werke. Besonders gerne mag ich "The Dragon". Das hat sehr klare Linien, fast wie Chiaroscuro, zwischen sehr hell und sehr dunkel. Die bringen eine sehr energische Kraft mit sich, die ich versucht habe in der Musik widerzuspiegeln.

Uraufführung von "Perplexities nach Escher"

BR-KLASSIK: "Gödel, Escher, Bach" heißt das berühmte Buch über logisches Denken und kreative Prozesse in der Mathematik, in der visuellen Kunst und in der Musik. Das heißt, es kommt hier vieles zusammen ...

Graham Waterhouse: In der Tat. Für Holger als Physiker und Logiker war es auch naheliegend, "Gödel, Escher, Bach" in das Geschehen einzubeziehen. Und während des Schreibens haben wir Verbindungen zwischen Grafik, Physik und Kontrapunkt herstellen wollen. Diese drei Aspekte von Gödel, Escher und Bach werden zum Teil auch in der Musik erforscht.

Heckelphonist Holger Hoos auf der Bühne zusammen mit anderen Musikern im Rahmen der Richard Strauss Tage Garmisch Partenkirchen | Bildquelle: Archiv Holger Hoos "Perplexities" von Graham Waterhouse wurde im Sommer bei den Richard-Strauss-Tagen uraufgeführt. | Bildquelle: Archiv Holger Hoos BR-KLASSIK: Holger Hoos, "Perplexities" ist im Sommer bei den Richard-Strauss-Tage in Garmisch-Partenkirchen uraufgeführt worden. Wie waren die Reaktionen?

Holger Hoos: Die waren sehr positiv. Das Publikum schien begeistert zu sein. Als Spieler hat man ja immer so ein bisschen eine eigene Sicht drauf. Aber ich denke, das ist sehr, sehr gut aufgenommen worden. Es ist nur auch ein mitreißendes Stück. Es ist ein Stück, das natürlich viel Tiefe hat, aber man kann es sich auch einfach anhören und genießen.

Infos zu den Konzerten

"Das unerhörte Heckelphon"

Samstag, 2. November 2024 um 19 Uhr
im Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz

Sonntag, 3. November 2024 um 11 Uhr
im Bürgerzentrum Münsing am Starnberger See

mit Werken von Graham Waterhouse sowie Bearbeitungen von Werken Beethovens und Bachs

Waterhouse Ensemble
Holger Hoos, Heckelphon

Sendung: "Allegro" am 31. Oktober 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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