Mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons interpretierte Gerhild Romberger Mahlers "Kindertotenlieder" - in München, Paris und Wien. Im Interview spricht die Sängerin über ihre Liebe zu Mahler und zum Konzertgesang.
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BR-KLASSIK: Frau Romberger, Sie sind dankenswerterweise spontan für Waltraud Meier eingesprungen und singen nun mit dem BR-Symphonieorchester unter Mariss Jansons Mahlers "Kindertotenlieder". Haben Sie sich gleich mit Maestro Jansons auf eine Interpretation verständigen können? Sie hatten ja nur eine Probe.
Gerhild Romberger: Das ging ganz wunderbar; wir waren da eigentlich sofort auf einem Nenner. Wir haben ja auch schon Mahlers "Auferstehungssymphonie" zusammen aufgeführt, und daher wussten wir beide, was uns in der Zusammenarbeit erwarten würde. Und mit dem Orchester habe ich ja schon einiges gemacht.
BR-KLASSIK: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit diesen früheren gemeinsamen Projekten?
Gerhild Romberger: Nur sehr positive. Ich fühle mich beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks immer sehr gut aufgehoben - und ich weiß nicht, ob ich das mit jedem Orchester und jedem Dirigenten gemacht hätte: so kurzfristig einzuspringen. Und das gilt gerade für diese Musik, die wir jetzt gemeinsam aufführen, denn Mahlers "Kindertotenlieder" sind wirklich meine Herzensstücke - sie sind mir sehr, sehr heilig.
BR-KLASSIK: Und die Zusammenarbeit mit Mariss Jansons? Sie haben ja Blickkontakt zu ihm beim gemeinsamen Musizieren. Wie funktioniert das?
Gerhild Romberger: Das hat hervorragend geklappt. ich fühle mich bei ihm musikalisch sehr frei in dem, was ich machen will.
BR-KLASSIK: Wie kam es, dass Gustav Mahlers Musik Ihre Spezialität wurde?
Gerhild Romberger: Als Studentin sang ich erstmals die "Lieder eines fahrenden Gesellen" - damals war ich 23 - und habe mich sofort in diese Musik verliebt. Danach habe ich eigentlich alles, was es von Mahler für meine Stimme gibt, gelernt und auch gesungen. Die "Kindertotenlieder" allerdings habe ich erstmals öffentlich aufgeführt, als ich schon 34 Jahre alt war; vorher hatte ich mich das nicht getraut, da dies doch sehr spezielle Stücke sind.
BR-KLASSIK: Wie würden Sie den musikalischen Charakter der Orchesterbegleitung der "Kindertotenlieder" charakterisieren?
Gerhild Romberger: Ich finde, die Orchestrierung ist den Texten dieser Lieder sehr angemessen - wunderbar instrumentiert und perfekt zu den Gedichten passend. Mahler hatte ein unglaubliches Händchen, für Stimme zu komponieren. Für mich ist das wie Butter, Sahne und Schokolade - und alles zusammen … (lacht): Es ist überhaupt nicht anstrengend - ich habe bei Mahler immer das Gefühl, dass ich alles machen kann, was ich musikalisch und inhaltlich empfinde.
Gerhild Romberger hat eine Professur für Gesang an der Hochschule für Musik in Detmold, an der sie selbst studiert hat. Als Konzertsängerin konzentriert sie sich vor allem auf Liederabende und beschäftigt sich auch mit zeitgenössischer Musik. Die Werke von Gustav Mahler gehören zu ihrem festen Repertoire. Gerhild Romberger sang bereits bei den Berliner Philharmonikern, beim Los Angeles Symphony Orchestra, dem Leipziger Gewandhausorchester, den Wiener und Bamberger Symphonikern, an der Mailänder Scala und mehrfach beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Mit Mahlers 2. Symphonie wird sie in diesem Jahr auch noch in der neu eröffneten Hamburger Elbphilharmonie und beim Pittsburgh Symphony Orchestra zu hören sein.
BR-KLASSIK: Inwieweit versetzen Sie sich als Sängerin in die Partie oder in die Rolle - auch jetzt bei Mahler? Wahrscheinlich darf man sich selbst da nicht vollständig vergessen?
Gerhild Romberger: Das ist richtig. Wenn man sich diese Literatur erarbeitet, kommt man schon an einen Punkt, wo man denkt: Es geht nicht mehr. Da kommen einem auch mal die Tränen. Meiner Meinung nach muss man sich im Vorfeld sehr mit den Gefühlen auseinandersetzen, die das Werk in einem auslöst - um dann im Laufe der Arbeit eine ganz kleine Distanz aufzubauen. Aber durchleben sollte man diese Gefühle meiner Meinung nach schon. Sonst kann man nicht überzeugend musizieren.
BR-KLASSIK: Frau Romberger, wie kam es dazu, dass Lied- und Konzertgesang zu Ihrem Schwerpunkt wurde, und nicht - beispielsweise - Oper?
Gerhild Romberger: Es gibt im Opernrepertoire natürlich schon einige schöne Partien für Mezzosopran, aber eben nicht so viele wie für Sopran. Hinzu kommt, dass ich drei Kinder habe und daher nicht gerne so viel unterwegs bin. Und außerdem wollte ich unbedingt unterrichten. Ich schaue mir zwar sehr gerne Oper an, aber letztlich fühle ich mich im Konzertrepertoire, gerade im Lied-Genre, mehr zu Hause. Ich habe das Gefühl, dort kann ich stärker ich selbst sein.
BR-KLASSIK: Sie werden auf einigen Stationen der Europa-Tour des BR-Symphonieorchesters mit dabei sein - in der neuen Pariser Philharmonie und im Wiener Musikvereinssaal …
Gerhild Romberger: Im vergangenen Dezember habe ich in Paris unter Daniel Harding in Schumanns "Paradies und die Peri" mitgesungen. Ein schöner Raum mit einer sehr guten Akustik, in dem ich mich wohl gefühlt habe. Und Mahler in Wien zu singen, ist ja immer etwas Besonderes - ein großes Geschenk!
Die Fragen stellte Fridemann Leipold für BR-KLASSIK.
Das Konzert des BR-Symphonieorchester mit Gerhild Romberger vom Dienstag, 31. Januar Können Sie auf BR-KLASSIK CONCERT erleben. In der Philharmonie in Paris gab es neben Gustav Mahlers Kindertotenliedern Werke von Vladimier Sommer und Sergej Rachmaninow. Der Mitschnitt der Liveübertragung ist drei Monate lang als Video on demand nachzuschauen.