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Nike Wagner verlässt das Beethovenfest Bonn "Der Bonner will Mainstream-Programme"

Die Enkelin von Richard Wagner verlängert ihren Vertrag als Intendantin des Beethovenfestes Bonn nicht über das Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 hinaus. Nike Wagner erklärt gegenüber BR-KLASSIK, warum sie im kommenden Jahr das Beethovenfest Bonn verlässt und einen „Rechtsruck“ für das Programm befürchtet.

Nike Wagner | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Interview mit Nike Wagner

Rückzug von der Intendanz des Beethovenfests

Die Überraschung kam fast nebenbei: In einem Interview mit dem WDR hat die Intendantin des Beethovenfestes Bonn Nike Wagner am Mittwoch bekannt gegeben, dass sie ihren Vertrag nach 2020 nicht verlängern wird. "Eigentlich wäre es ja Sache der Stadt gewesen zu verkünden, dass ich meinen Vertrag nicht verlängern möchte", sagt Wagner im Interview mit BR-KLASSIK. "Aber als ich gefragt wurde, was ich denn 2020 plane, musste ich sagen, dass ich dann nicht mehr da bin." Der Weggang sei mit der Stadt Bonn bereits abgesprochen gewesen.

Gebäude des World Conference Center Bonn | Bildquelle: picture alliance / Ulrich Baumgarten Das World Conference Center Bonn (WCCB) | Bildquelle: picture alliance / Ulrich Baumgarten Die Urenkelin von Richard Wagner hatte die Leitung des Beethovenfestes 2014 von Ilona Schmiel übernommen. Die Besucherzahlen waren während Wagners Intendanz zurückgegangen, dazu gab es Probleme mit dem Veranstaltungsort: Seit Herbst 2016 ist die Beethovenhalle in Bonn wegen Sanierung geschlossen und wird es auch noch einige Jahre bleiben. Das Festival zog deshalb in das World Conference Center Bonn (WCCB), also eine Konferenzhalle. "Die Spielstättensituation ist eine dicke Problematik", sagt Wagner. "Vor allem, weil hier ein eher konservatives Beethovenbild herrscht, bei dem man das volle Orchester in einem repräsentativen Saal haben will. Und den gibt es hier einfach nicht."

Wagners Gründe: Die Spielstätte und die Stadt Bonn

Die Spielstätten sind für Wagner ein Grund für die Probleme beim Kartenverkauf. Der andere: das Bonner Publikum, denn der Großteil der Besucher komme aus der Region, so Wagner. "Der Bonner will es gern altmodisch, romantisch, kuschelig schön haben, wenn er in ein Klassikkonzert geht." Kuscheligkeit zeichnet aber weder die Kongresshalle noch das Programm von Nike Wagner aus. Sie plante auch performative Veranstaltungen für das Festival und setzte viele andere Komponisten als Beethoven auf den Konzertkalender. "Der Bonner will Starrummel, Big Names, Mainstream-Programme. Es fehlt mir eine Aufgeschlossenheit, eine Neugier, eine Öffnung nach vorne. So nett die Rheinländer im Allgemeinen sind: Auch Bonn muss im 21. Jahrhundert ankommen", so Nike Wagner im BR-KLASSIK-Interview.

Der Bonner will es gern altmodisch, romantisch, kuschelig schön haben, wenn er in ein Klassikkonzert geht.
Nike Wagner

Nike Wagner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Die Stadt Bonn und der künstlerische Beirat des Festivals hätten gegenüber Wagner zwar ihre Bereitschaft für Neuerungen erklärt, aber mit den Konsequenzen nicht leben wollen: "Die hohe Politik hat nicht bedacht, dass bei einer Veränderung des Programms auch Besucher wegbleiben." So sei der eigentliche Wunsch für das Programm gewesen: bekannte Werke, besonders Beethovens neun Sinfonien. "Es gibt ja massive politisch einflussreiche, konservative Kreise, die von einem Beethovenfest Jahr für Jahr einfach alle Neune haben wollen", sagt Wagner, denn die sicherten Kartenverkäufe. Hat dieser politische Gegenwind auch für ihren Weggang gesorgt? "Das hat meine Aufenthalte hier nicht erfreulicher gestaltet, sagen wir es mal so."

Nach Wagner könnte es konservativer werden

Für das Jubiläumsjahr zum 250. Beethoven-Geburtstag 2020 steht das Programm bereits, das Jahr darauf bereitet Nike Wagner noch für ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger vor. Und danach? "Ich nehme an, dass nach mir wieder ein 'Rechtsruck' kommt, metaphorisch gesprochen. Also: Mainstream, große Orchester für den großen Saal und landläufige Programme." Also Programme, mit denen Wagner nichts anfangen kann. "Beethoven wird in der ganzen Welt von den glänzendsten Klangkörpern in den schönsten Sälen gespielt. Womit kann das kleine Bonn dann punkten? Deswegen habe ich versucht, den Bonnern ein geschärftes Programm zu vermitteln." Eine Vermittlung, die wohl als gescheitert angesehen werden kann.

Sendung: "Leporello" am 4. Juli 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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