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Zum Tod des Funk-Saxophonisten Pee Wee Ellis Die knallharte Schule der Lässigkeit

Er spielte "Funk", also stark groovende Musik mit vielen Soul- und Blueseinflüssen. Sänger James Brown wusste das zu schätzen und beschäftigte Alfred "Pee Wee" Ellis über Jahre hinweg. Im Herzen war der US-Saxophonist mit dem freundliche Lächeln und den lässigen Melodien aber ein Jazzer. Am 24. September ist er im Alter von 80 Jahren gestorben. Sein langjähriger Schlagzeuger Guido May erinnert sich.

Saxophonist Pee Wee Ellis | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

BR-KLASSIK: Guido May, du hast in unzähligen Bands gespielt, was war bei Pee Wee Ellis das Besondere?

Guido May: Er hat den anderen Musikern und Solisten immer sehr viel Freiheit gegeben, ähnlich wie Miles Davis. Wenn Pee Wee nicht Solo spielen wollte, dann hat er einfach auf jemand anders gezeigt und der musste loslegen. Die Herausforderung war eine spezielle: Wir haben Funk und Fusion gespielt, aber mit einem Jazz-Hintergrund. Es gab ein Thema und danach kamen die Improvisationen, aber in den Improvisationen wussten wir nicht, was passiert. Funk spielen, aber als Jazzer denken, das hat ihn ausgemacht.

BR-KLASSIK: Kannst du seinen ganz persönlichen Saxophon-Stil ein bisschen genauer beschreiben?

Guido May: Er war nicht der große Techniker, sein Spiel kam eigentlich aus dem Blues. Dabei war aber sein großer Einfluss der Tenorsaxophonist Sonny Rollins, dessen Spielweise hatte er immer im Hinterkopf.

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Pee Wee Ellis Assembly - The Chicken | Bildquelle: Alois Breu (via YouTube)

Pee Wee Ellis Assembly - The Chicken

BR-KLASSIK: Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?

Guido May: Posaunist Fred Wesely, Altsaxophonist Maceo Parker und Pee Wee Ellis am Tenorsaxophon, die drei waren in den 60er Jahren in der Band von James Brown, hatten Anfang der 90er das Album "Life on Planet Groove" veröffentlicht und ihr damaliger Produzent wollte mit jedem von ihnen auch eine Einzelkarriere starten. Fred Wesley hatte schon seine Band, Maceo Parker hatte eine, aber Pee Wee Ellis hatte noch keine Band. Da haben wir, Pianist Roberto di Gioia, Gitarrist Martin Scales, Bassist Patrick Scales und ich, ein Demo-Tape gemacht und das an den Produzenten geschickt und wir wurden engagiert. Das war fast filmreif: das Aufnahmestudio in Köln war gebucht, wir haben die Platte "A New Shift" aufgenommen, waren dann sofort in der damals relativ bekannten Fernsehsendungen "Ohne Filter extra" in der ARD. Danach sind wir gleich auf Europa-Tournee gegangen, inklusive aller großen Festivals.

BR-KLASSIK: Und das war der Beginn einer Zusammenarbeit und Freundschaft, die bis heute, also 25 Jahre lang, gehalten hat?

Schlagzeuger Guido May und Saxophonist Pee Wee Ellis | Bildquelle: Eckhart Derschmidt Schlagzeuger Guido May und Tenorsaxophonist Pee Wee Ellis. | Bildquelle: Eckhart Derschmidt Guido May: In der Band mit Pee Wee war es nicht immer nur Business, wir haben auch unsere Probleme miteinander geteilt. Alle Musiker, die da gespielt haben, wussten über die Jahre, wie es einander geht. Das war wirklich wie in einer Familie. Man sitzt nun mal ewig lang in irgendwelchen Tourbussen, Hotels oder Backstage-Bereichen. Ich habe das sehr gemocht, wenn man nicht nur seinen Job macht, sondern auch die persönlichen Dinge miteinander teilt. Das verbindet wenn man gemeinsam auf der Bühne steht. Das war all die Jahre unglaublich schön. Und natürlich muss ich auch sagen, Pee Wee hat einfach Glück gehabt mit Charlotte, seiner Frau, die auch seine Managerin war. Sie hat ihm den Rücken freigehalten für musikalische Sachen. Er konnte arrangieren, spielen, üben, um alles andere hat sie sich gekümmert.

BR-KLASSIK: Pee Wee Ellis hat sehr viele unterschiedliche Facetten des Musikgeschäfts gesehen, allein in seiner Zeit bei James Brown. Hat er viel davon erzählt?

Guido May: Er war kein großer Redner, aber die Geschichten, die er erzählt hat, waren schon heftig, also etwa wie James Brown seine Musiker ausgenutzt hat. Brown war einfach sehr schlau. Pee Wee war ein Multiinstrumentalist, er konnte nicht nur Saxophon, sondern auch Schlagzeug und Orgel spielen, und James Brown hat die Musiker immer ins Studio eingeladen und hat sich deren Ideen zeigen lassen. Dann hat er ein bisschen mitgespielt und gesagt, das sind meine Stücke. Aber im Prinzip hat Pee Wee Ellis ganz viele dieser Songs geschrieben, nicht nur das berühmte "Cold Sweat".

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JAMES BROWN Cold Sweat Olympia 1967

BR-KLASSIK: Was hast du von Pee Wee Ellis gelernt?

Guido May: Die Bandproben waren tatsächlich nach alter James-Brown-Schule: Knallhart! Er war es gewöhnt, Leuten die Meinung zu sagen, also musikalisch. Ich erinnere mich an einen Moment: Wir probten und ich dachte, ich spiele gut. Da kommt er zum Schlagzeug und haut mit der Faust immer auf den ersten Schlag des Taktes auf mein Crashbecken. Ich dachte, was will er denn? Er wollte, dass ich die "Eins" im Takt richtig betone. Er hat die Musik im Kopf gehört und wollte, dass es genauso umgesetzt wird, das war genial.

BR-KLASSIK: Welche Bedeutung hat Pee Wee Ellis für die Musikgeschichte?

Guido May: Also ganz einfach: der Typ hat den Funk erfunden, aus! Er hat "Chicken", die Hymne des Funk, komponiert und damit steht er für immer in den Geschichtsbüchern der Musik. Und jeder, ob er es weiß oder nicht, hat schon mal Pee Wee Ellis gehört, so oft wurden seine Grooves gesampelt. Damit ist er für mich eine Legende, für immer!

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