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Kritik - "Oberon, König der Elfen" an der Bayerischen Staatsoper Die Hormone regeln das

Carl Maria von Webers "Freischütz" kennt jeder, den "Oberon" nicht mal Opernfans. Das Feen-Märchen gilt wegen des behäbigen Textbuchs als altbacken, ja unerträglich. In München wurde daraus nun ein Seminar über die Liebe. Peter Jungblut über die Premiere am Freitag.

Szenenbild "Oberon"  aus der Oper von Carl Maria von Weber | Bildquelle: © Wilfried Hösl

Bildquelle: © Wilfried Hösl

Medikamentös behandeln lässt sich die Liebe ja noch nicht, aber es kann eigentlich nicht mehr lange dauern - so intensiv, wie sie derzeit erforscht wird. Was wissen wir nicht schon alles über Hormone, Duftstoffe, Hautwiderstand und Tiefenpsychologie! Da stehen die Experten also in weißen Kitteln auf der Bühne des Münchener Prinzregententheaters, fuchteln mit Spritzen, rascheln mit Druckerpapier, werfen alphabetisch geordnete Karteikarten in die Luft und hantieren emsig am Großrechner: Hier soll der Liebe auf den Grund gegangen werden.

Klamaukige Wissenschafts-Satire

Der österreichische Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan und sein Ausstatter Jakob Brossmann zeigten Carl Maria von Webers selten gespielte Oper "Oberon" somit als kühles Menschenexperiment, als klamaukige Wissenschafts-Satire. Tatsächlich geht es bei Weber ja um die Frage, ob es Liebe im Allgemeinen und Treue im Besonderen überhaupt gibt, oder ob das alles Einbildung ist. Im Feenreich wird darüber heftig gestritten zwischen Elfenkönig Oberon und seiner ziemlich herben Gattin Titania - eine sehr beliebte Geschichte, die Shakespeare zum Beispiel in seinen "Sommernachtstraum" einbaute. Dort geht alles gut aus, was für den Münchener "Oberon" nicht unbedingt gilt: Am Ende landen die schwer geprüften Versuchspersonen auf dem elektrischen Stuhl, werden kräftig durchgeschüttelt und bleiben zitternde Nerven-Wracks.

Die Inszenierung in Bildern

Affen-Babys wollen eine kuschelige Mama

Ob es so etwas wie Liebe gibt, ob sich Treue auszahlt, das wollte Nikolaus Habjan auf der Bühne so eindeutig also nicht beantworten, es wäre wohl allzu platt gewesen. Im Programmheft immerhin sprach er davon, dass Liebe, Fantasie und Tod irgendwie zusammen gehören und dass ihn Tierexperimente fasziniert hätten, wonach Affen-Babys immer eine weiche, kuschelige Puppenmutter bevorzugen, selbst wenn die nicht so viel Nahrung liefert wie eine harte, kalte. Herz ist also wichtiger als Bauch, selbst und gerade bei Kleinkindern. Sicher alles interessant, und auch der dreieinhalbstündige Abend war ein so kluges wie witziges Seminar über die Liebe. Vor der Pause wurde viel gelacht, danach deutlich weniger.

Dreieinhalb Stunden Albernheit

Albernheit trägt eben nicht über einen langen Opernabend, schon gar nicht beim eigentlich durch und durch poetischen, also hochromantisch gemeinten "Oberon". So blieb der Eindruck, dass diese Inszenierung entweder eine Stunde zu lang war oder viel zu schlicht. Das Witzigste waren auf die Dauer die englischen Übertitel, denn der originale "Oberon" kam tatsächlich zuerst 1826 in London heraus, wo der tuberkulosekranke Weber bis zu seinem frühen Tod sehr erfolgreich arbeitete. Die Klappmaul-Puppen und ihre herrlich vitalen Spieler waren freilich großartig. Und die Idee, diese völlig aus der Zeit gefallene Carl Maria von Weber-Oper teilweise als Drogenrausch zu zeigen, war ebenfalls plausibel.

Publikum war freundlich, aber nicht enthusiatisch

Dennoch blieben Fragezeichen, das Publikum reagierte freundlich, aber nicht enthusiastisch. Das mochte auch am stimmlichen Niveau liegen: Annette Dasch in der Hauptrolle der Rezia ist ein Theatertier, aber sängerisch blieben bei ihr und anderen Wünsche offen. So war Julian Prégardien in der Titelrolle etwas zu schattenhaft-passiv. Brenden Gannell als Liebhaber Hüon von Bordeaux hatte soviel herum zu fuchteln und Slapstick zu absolvieren, dass er stimmlich unkonzentriert wirkte. Rachael Wilson als quicklebendige Dienerin Fatime begeisterte dagegen. Dirigent Ivor Bolton wurde ebenfalls gefeiert, obwohl das Bayerische Staatsorchester mit diesem "Oberon" doch sehr fremdelte. Diese Geister- und Spuk-Romantik ist wohl selbst als Groteske den Musikern nicht ganz geheuer.

Carl Maria von Webers "Oberon, König der Elfen" an der Bayerischen Staatsoper

Inszenierung: Nikolaus Habjan
Musikalische Leitung: Ivor Bolton

Premiere: 21. Juli 2017

Besetzung und weitere Termine (bereits ausverkauft)

Sendung: Piazza am 22. Juli 2017, 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Die komplette Oper zum Anhören steht für sieben Tage on demand zur Verfügung.

Kommentare (1)

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Samstag, 22.Juli, 10:37 Uhr

Grischa Asagaroff

Oberon

Wie man Oberon seriöser machen kann , konnte man vorveinigen Jahren in einer hervorragenden Aufführung in Zürich sehen unter der musikalischen Leitung von Gardener und Regie von Johannes Schaaf .Dort auch jede Rolle besetzt mit einem Sänger und einem Schauspieler wie z.B. Winbergh und Betterman und einer
hervorragenden Kringelborn als Rezia . 2

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