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Gogol-Zentrum entlässt systemkritischen Regisseur Keine Vertragsverlängerung für Serebrennikow

Der Regisseur Kirill Serebrennikow verliert seinen Posten als Künstlerischer Leiter des Gogol-Zentrums in Moskau. Sein Vertrag läuft Ende Februar aus, teilte die Kulturabteilung der Stadtverwaltung mit.

Der russische Kultregisseur Kirill Serebrennikow | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Am 28. Februar endet die Zusammenarbeit zwischen dem Gogol-Zentrum Moskau und Kirill Serebrennikow. Seit 2012 ist der prominente russische Regisseur dort als Künstlerischer Leiter tätig. Wer seine Nachfolge antreten wird, wurde bislang noch nicht bekannt gegeben.

Gesellschaftskritische Produktionen

Blick auf das beleuchtete Gogol-Zentrum in Moskau. | Bildquelle: picture alliance / Anvar Galeyev/TASS Kirill Serebrennikow ist seit 2012 Künstlerischer Leiter des Gogol-Zentrums in Moskau. | Bildquelle: picture alliance / Anvar Galeyev/TASS Geboren in Rostow am Don studierte Serebrennikov zunächst Physik. Dann kam er aus Begeisterung für die Kunst autodidaktisch zum Theater und avancierte bald zum erfolgreichen Regisseur. Kirill Serebrennikows bunte, freche Produktionen wurden bereits international ausgezeichnet. Er setzte sich stets für künstlerische Freiheit ein und griff in seinen Inszenierungen oft die restriktive Kulturpolitik des Kremls an. Das machte ihn in konservativen Kreisen unbeliebt.

Regiearbeit unter Hausarrest

2017 wurde der Regisseur verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Die Behörden warfen ihm vor, er habe öffentliches Geld für Inszenierungen erhalten, die nie realisiert wurden, es ging um umgerechnet knapp eine Million Euro. Serebrennikov stritt die Vorwürfe ab, das Vorgehen wurde als Warnschuss gegen die Kreml-kritische Kulturszene verstanden. Führende russische Künstlerinnen und Künstler appellierten an Präsident Wladimir Putin und andere Mitglieder der Staatsführung, die Vorwürfe fallen zu lassen. Viele Künstler aus dem Ausland protestierten ebenfalls. Kulturstaatsministerin Grütters forderte den russischen Kulturminister auf, sich für den Regisseur einzusetzen.

Doch die besondere Produktivität des Künstlers konnte auch der Hausarrest nicht stoppen: Er brachte mit Hilfe seines Regieteams erfolgreiche Operninszenierungen auf die Bühne, etwa Mozarts "Così fan tutte" 2016 in Zürich oder "Hänsel und Gretel" 2017 an der Staatsoper Stuttgart.

Bewährungsstrafe wegen angeblicher Veruntreuung staatlicher Gelder

Im September 2019 sah es zunächst so aus, als würde der Fall still fallengelassen. Damals entschied eine Richterin des Moskauer Meschtschanski-Gerichts, wegen der vielen Widersprüche, keinen Urteil zu fällen. Doch der Staatsanwalt legte daraufhin Berufung ein und ließ den Fall vor einer neuen Richterin verhandeln. Im Sommer 2020 wurde Kirill Serebrennikow zu einer Geldstrafe, dreieinhalb Jahren auf Bewährung sowie einem Berufsverbot in staatlichen subventionierten Einrichtungen verurteilt.

Warum Serebrennikows Vertrag am Gogol-Zentrum nicht verlängert wird, haben bisher weder das Theater noch der Regisseur kommentiert.

Sendung: "Allegro" am 8. Februar 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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