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Bayerischer Musikrat Nicht genug Musikunterricht in Bayern

Fehlende Musikpädagog:innen, immer weniger Musikunterricht an Grundschulen: Der Bayerische Musikrat betrachtet diese Entwicklung mit Sorge. Doch es gibt auch positive Nachrichten, etwa bei der Jazzförderung.

Kinder spielen Schulchor | Bildquelle: picture alliance / Westend61 | Leander Baerenz

Bildquelle: picture alliance / Westend61 | Leander Baerenz

Seit 200 Tagen ist Bernd Sibler, ehemaliger Bayerischer Kunstminister, Präsident des Bayerischen Musikrats. Bei einer Pressekonferenz in München warf er einen differenzierten Blick auf die Musikförderung in Bayern.

Weniger Musikunterricht an Grundschulen

Mit Sorge beobachtet der Bayerische Musikrat etwa die Entwicklung des Musikunterrichts an Bayerns Grundschulen. Seit dem Schuljahr 2024/25 gibt es eine neue Stundentafel mit mehr Stunden für Mathematik- und Deutschunterricht. Mit der Änderung gebe es allerdings nach ersten Umfragen des Bayerischen Musikrats "einen deutlichen Rückgang der gehaltenen Musikstunden und des freien Singens in der Grundschule", so Sibler. Eine zeitnahe Evaluierung durch das Schulministerium sei dringend nötig. "Sollten sich unsere Befürchtungen bestätigen, dass die Zahl der Musikstunden weiter sinkt, muss schnell gegengesteuert werden."

Lehrkräfte ermutigen, mit Kindern zu musizieren

Eine Maßnahme für mehr Musik in den Grundschulen ist die neue Fortbildungsoffensive Musikpraxis für Lehrkräfte mit Basisqualifikation. Dort sollen fachfremde Lehrerinnen und Lehrer ermutigt werden, mit Kindern im Unterricht Musik zu machen: "Gemeinsam singen, klatschen, tanzen. Ganz niederschwellig."

Kinder singen in der "Schule am Weinberg" in Unterfranken | Bildquelle: Schule am Weinberg Die Schule am Weinberg in Unterfranken wurde 2024 als "Musikbegeisterte Grundschule" ausgezeichnet | Bildquelle: Schule am Weinberg Eine weitere Initiative, die der Bayerische Musikrat sehr begrüßt, ist die "Musikbegeisterte Grundschule". Im vergangenen Jahr zeichnete Staatsministerin Anna Stolz 140 Grundschulen aus, die Musik im gesamten Schulalltag verankern.

Musikanbieter und Ganztagsschulen vernetzen

Auch in der Ganztagsbetreuung soll Musik ihren festen Platz haben. "Wir haben freie Musikinstitute, freie Musikpädagogen, neue Musikverbände mit Chören, Orchester und Ensembles, die den Weg an die Schulen finden müssen." Um sie mit den Schulen zu vernetzen, plant der Bayerische Musikrat in diesem Jahr zwei Regional-Konferenzen in Nord- und Südbayern. Auch in den Kindertagesstätten und Horten solle viel musiziert werden. Das Wohlwollen der Ministerien für mehr Musik im Ganztag sei "auf alle Fälle da", so Sibler. Auch über die Bläser- und Streicherklassen an Schulen sei er froh. "Solche Projekte können den grundlegenden Musikunterricht aber allenfalls ergänzen, nie ersetzen."

Ganztagsbetreuung und Musikschule: Das Zeit-Dilemma

Mehr Zeit in der Schule, weniger Zeit fürs Instrument: Immer mehr Grundschulkinder werden ganztags betreut. Anschließend noch zum Klavier- oder Gitarrenunterricht zu gehen und täglich zu üben, wird für viele Kinder zur Herausforderung. Darauf reagieren die Musikschulen.

Musikpädagog:innen fehlen

Erfreulich sei für den Bayerischen Musikrat, dass die Zahl der Musikstudierenden in Bayern auch nach Corona stabil ist. Dennoch beobachtet der Verband einen Fachkräftemangel vor allem im musikpädagogischen Bereich. Musikschulen können ihre freien Stellen oft nicht besetzen. Aber auch an den staatlichen Schulen fehlen Musiklehrerinnen und -lehrer, vor allem in den ländlichen Regionen Bayerns. Um die Attraktivität für pädagogische Musikberufe zu stärken, fordert der Bayerische Musikrat bessere Rahmenbedingungen: flexiblere Arbeitszeiten, andere Stundendeputate, bessere Bezahlung und neue Formen des Musikunterrichts.

Finanzielle Absicherung für künstlerischen Bereich gefordert

Musizierende Kinder mit Lehrerin | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wenn immer weniger Kinder Instrumente lernen, fehlen später Nachwuchsmusikpädagogen für Chöre, Orchester, Ensembles in der bayerischen Musikszene | Bildquelle: picture-alliance/dpa Denn je weniger Musikpädagoginnen und Pädagogen es gebe, desto seltener kämen Kinder mit Musik überhaupt in Berührung, so Sibler. "Dann werden immer weniger Kinder Instrumente lernen, immer weniger Nachwuchsmusikpädagogen werden für Chöre, Orchester, Ensembles in der bayerischen Musikszene zur Verfügung stehen." Wer nicht selbst musiziere, sei oft auch weniger interessiert an musikalischen Angeboten - das könnte Publikumsschwund, Schließung von Konzertstätten und der Abbau von Arbeitsplätzen zur Folge haben. Darum fordert der Bayerische Musikrat, die künstlerischen Bereiche finanziell abzusichern - um auch zukünftig künstlerisch attraktive Programme und zeitgemäße Formate für junges und älteres Publikum anbieten zu können.

Ausbau der Jazzförderung in Bayern

Positiv hob der Bayerische Musikrat den starken Ausbau der Jazzförderung im Freistaat hervor - etwa durch Fördergelder für Jazz-Festivals, Prämierungen besonderer Jazz-Programme oder Jazz-Workshops an Bildungseinrichtungen.

Außerdem wurde im Herbst 2024 der neue Bayerische LandesjugendPOPchor gegründet. Das erfolgreiche Premierenkonzert fand im März in der Freiheitshalle München statt.

Warnung vor Sparmaßnahmen

"Musik ist ein wesentlicher Bestandteil hier im Kulturstaat Bayern", so Sibler auch im Hinblick auf die nächsten Kommunalwahlen am 8. März 2026. Weil die Einnahmen der Kommunen rückläufig seien, bestehe schnell die Gefahr, dass bei der Kunst- und Kulturförderung gespart werde. "Das darf nicht passieren, denn diese Kunst und Kultur betreiben Herzensbildung. Sie machen den Menschen zum Menschen."

Autorin des Artikels: Antonia Morin

Sendung: "Leporello" am 3. Juni 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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