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Pierre-Laurent Aimard zum 60. Geburtstag Pianist des Lichts und der Farben

Er hat sie alle gekannt: Pierre Boulez, Olivier Messiaen, Karlheinz Stockhausen, György Ligeti. Zahlreiche Stücke hat er uraufgeführt, viele davon sind ihm gewidmet. Für Ligeti war er schlicht "der beste Pianist" - der seine Musik besser kenne als er selbst. Pierre-Laurent Aimard, Träger des diesjährigen Ernst von Siemens Musikpreises, wurde am 9. September 60 Jahre alt.

Pierre Laurent Aimard Pianist | Bildquelle: ©  Marco Borggreve

Bildquelle: © Marco Borggreve

Pierre-Laurent Aimard - das Porträt zum Anhören

Auf die Frage, was ihn kreativ mache, antwortet er: Sicher die Unsicherheit. Er sei ja bloß ein Interpret und kein Schöpfer. Wenn Pierre-Laurent Aimard über sich selbst spricht, dann immer bemerkenswert bescheiden. Wenn andere über ihn sprechen, wird es dafür umso leidenschaftlicher:

Pierre-Laurent Aimard aus Frankreich ist ein idealer Musiker im Sinne des Sachlichen und dabei Neugierigen.
Harald Eggebrecht, Süddeutsche Zeitung

Ein idealer Musiker. Einer, der in allen großen Konzertsälen der Welt zuhause ist. Einer ganz ohne Starallüren und mit der größten Farbigkeit im Klang. Das ist der in Berlin lebende Pianist Aimard, der in diesem Jahr 60 Jahre alt wird. In der Wohnung des Urgroßvaters in Lyon hat er die Musik für sich entdeckt. Das war Anfang der 60er Jahre. Er probiert sich durch die große Instrumentensammlung im urgroßväterlichen Wohnzimmer: Klarinette, Mandoline - und schließlich: Klavier. Eine Bindung fürs Leben.

Frühe Begabung

Pierre Laurent Aimard Pianist | Bildquelle: ©  Marco Borggreve Pierre-Laurent Aimard | Bildquelle: © Marco Borggreve Seit seinem fünften Lebensjahr spielt Aimard Klavier. Früh zeigt sich seine Begabung und schon als 12-Jähriger ist er neben der Schule Jungstudent am Lyoner Konservatorium. Später unterrichtet ihn unter anderem Yvonne Loriod, die Ehefrau von Olivier Messiaen, der später auch der Patenonkel einer seiner Söhne werden wird. Die Begeisterung für die zeitgenössische Musik packt ihn schon damals. Vor allem für die von Pierre Boulez.
"Ich glaube, das erste Mal war ich acht, neun Jahre alt", erinnert sich der Pianist an die frühe Begegnung mit Boulez' Klangkunst, "ich habe die Musik damals nicht wirklich verstanden. Aber ich war sehr beeindruckt und ich habe beschlossen, dass ich diese Musik irgendwann einmal verstehen würde. Dafür habe ich immer gearbeitet. Und heute kann ich sagen: Zum Glück habe ich nicht alles verstanden, deswegen bleibt die Interpretation hohe Kunst für mich."

Die Intensität von Boulez als Künstler war so groß, dass es ein Unsinn gewesen wäre, ihm nicht zu folgen
Pierre-Laurent Aimard

Professuren in Paris und Köln

Mit 19 Jahren wird Aimard Solopianist im Ensemble Intercontemporain. Und wieder spielt Boulez, der das Ensemble damals und über viele Jahre leitet, eine wesentliche Rolle. "Die Tiefe, der Sinn und die Intensität von Boulez als Künstler war so groß, dass es ein Unsinn gewesen wäre, ihm nicht zu folgen", sagt Aimard. 1995 verlässt er jedoch das Ensemble, um seine Solokarriere voranzutreiben. Er wirkt als Festivalleiter, als Pianist, als Kammermusiker. Er wird Professor in Paris und an der Kölner Musikhochschule. Musik auch abseits der Konzertsäle zu vermitteln, ist ihm wichtig. Also lässt Aimard sich auch von Schülern interviewen. Und er hält sein Gesicht für einen Video-Podcast hin, in dem er über Musik spricht, die ihm am Herzen liegt.

Analytisch und trotzdem lebendig

Pierre-Laurent Aimard ist bekannt für seine Genauigkeit. Wie ist die Musik, übrigens egal welcher Epoche, gemacht? Bis ins Detail will er die Stücke verstehen, die er spielt. Und wie ihm das gelingt! Dabei hört man seinen Interpretationen diesen analytischen Zugang nicht an. Aimard hat die Gabe, Klänge aufzufächern, alles an Farbigkeit herauszuholen, was geht. Immer neugierig. Immer vollendet.

Lichtgestalt und Schlüsselfigur

Und so reiht sich bei Pierre-Laurent Aimard eine Auszeichnung an die andere. Im Jahr 2017 kam noch der mit 250.000 Euro dotierte internationale Ernst von Siemens Musikpreis dazu. "Pierre-Laurent Aimard ist Lichtgestalt und internationale Schlüsselfigur im Musikleben unserer Zeit" - so hieß es in der Begründung der Ernst von Siemens Musikstiftung. Sicher ist: Er ist einer der kreativsten Köpfe unserer Zeit.

Ernst von Siemens Musikpreis - eine Auswahl der Preisträger

Der Ernst von Siemens Musikpreis 2017

Der Ernst von Siemens Musikpreis (EvS Musikpreis) wird seit 1973 von der privaten Ernst von Siemens Musikstiftung, die ihren Sitz in der Schweiz hat, alljährlich vergeben. Der Ernst von Siemens Musikpreis 2017 geht an Pierre-Laurent Aimard; die Auszeichnung wurde ihm am 2. Juni 2017 im Münchner Prinzregententheater bei einem musikalischen Festakt von Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, verliehen. Zudem vergab die Ernst von Siemens Musikstiftung drei Förderpreise an junge, vielversprechende Komponisten. In diesem Jahr wurden Lisa Streich, Michael Pelzel und Simon Steen-Andersen ausgezeichnet. Neben vom Preisträger selbst interpretierten Klavierwerken spielte das Münchner Kammerorchester Stücke der Komponisten-Förderpreisträger.

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