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Zum Tod von Udo Zimmermann Gestalter, Macher, Antreiber

Bloß kein "schöngeistiger Verwaltungsbeamter" werden. Das war Udo Zimmermann stets wichtig. Und ja, er hatte einen Hang zum Spröden, galt als sperrig. In seinen verschiedenen Rollen als Kulturmanager, als Komponist, Dirigent und Intendant war Udo Zimmermann aber zugleich jemand, der alles gegeben hat, wenn ihm etwas am Herzen lag. Jemand, der keinen Konflikt gescheut hat. Einer, ohne den das Musikleben der Stadt München heute ganz anders aussähe. Am 22. Oktober ist Udo Zimmermann in seiner Heimatstadt Dresden verstorben. Er wurde 78 Jahre alt.

Der Komponist Udo Zimmermann | Bildquelle: picture alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo | Rumpf, Stephan

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Das mit dem Festlegen, das fiel ihm immer schwer. Eine typischer Udo-Zimmermann-Äußerung war zum Beispiel folgende: "Das ist in zwei Sätzen eigentlich nicht zu machen." Oder: "Das würde ich mir generell verbieten, zu werten." Sein Leben war eins zwischen den Stühlen. Oder vielmehr: auf den Stühlen, und zwar auf vielen verschiedenen. Udo Zimmermann: Dirigent, Komponist und Intendant.

Umkippen bedeutet den Tod

"Das muss man ausprobieren", sagte er auch regelmäßig. "Man muss auch etwas Mut haben, Dinge zu machen, auch wenn man nicht die Sicherheit hat, dass sie funktionieren." Einfach machen. Ein Credo, das Udo Zimmermann durchs Leben getragen hat. Anders als viele andere hat er immer auch die Nähe zu kulturpolitischen Institutionen gesucht, hat sich mit künstlerischem Elan hineingeworfen in verkrustete Verwaltungsapparate. 15 Spielzeiten lang leitete er die Musica Viva in München. In Dresden rief er das Zentrum für Zeitgenössische Musik ins Leben. In Leipzig und Berlin war er Opernchef. Die Oper Leipzig hat er vorübergehend sogar wieder ganz nach vorne geholt. In Berlin lief es dann weniger gut. Aber auch das: kein Problem, sondern für Udo Zimmermann eher eine verkleidete Möglichkeit.: "Das Durchhalten, die Standhaftigkeit ist etwas ganz, ganz Wichtiges für den Charakter. Das ist eine Frage von Glaubwürdigkeit. Dass man wirklich zu dem steht, was man sagt. Dass man nicht wieder umkippt und sich in einer schwierigen Entscheidungsphase nicht einbringt oder sich zurückzieht, das ist genau der Tod."

Interview und Probenausschnitte "Die Weiße Rose" von 1992

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Udo Zimmermann | Bildquelle: studioMLE (via YouTube)

Udo Zimmermann

Große Pläne mit Ende 60

Udo Zimmermann schwebte über den Dingen und hockte zugleich mittendrin. Als Gestalter, Macher, Antreiber. Letztlich: als Künstler. Sechs Opern hat er geschrieben, viele Vokal- und Orchesterwerke. Am bekanntesten die Kammeroper "Weiße Rose" von 1986, eines der am häufigsten gespielten Werke zeitgenössischer Musik überhaupt. Er schrieb seine "Weiße Rose" über die Geschwister Scholl noch als Student. Danach wurde das Komponieren immer schwieriger: In den Jahren als Intendant fehlte ihm schlicht die Zeit. Fast 12 Jahre lang keine einzige Note. Als er mit Ende 60 alle Ämter abgab, sollte es noch mal so richtig losgehen: Ende der 00er Jahre war das. Udo Zimmermann wollte sich endlich ganz seiner eigenen Musik widmen. Wollte sich hineinwerfen in seine Max Frisch-Oper "Gantenbein". Er heiratete ein drittes Mal. Baute ein Haus.

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Udo Zimmermann: Sinfonia come un grande lamento (1977) | Bildquelle: Wellesz Rhapsody (via YouTube)

Udo Zimmermann: Sinfonia come un grande lamento (1977)

An den Rollstuhl gefesselt

Es kam anders, fing an mit motorischen Störungen. Eine seltene neurodegenerative Erkrankung. Sie fesselte ihn an den Rollstuhl und ließ ihn verstummen. Was bleibt, ist seine Musik. Und die Erinnerung an sein unermüdliches kulturpolitisches Engagement, das die zeitgenössische Musik hat leuchten lassen.

Sendungen:
"Allegro" ab 6:05 Uhr am 22. Oktober 2021 auf BR-KLASSIK
"Horizonte" ab 22:05 Uhr am 26. Oktober 2021 auf BR-KLASSIK

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