Bayreuther Festspiele
25. Juli - 26. August 2025
Der "Holländer" ist die Wiederaufnahme der Inszenierung aus dem Jahr 2012. Was überwiegt, ist musikalische Erfüllung. Jan Philipp Glogers bilderwütiges Erzählen geht hingegen oft an der Geschichte vorbei.
Bildquelle: Enrico Nawrath
Wetterumschwung kurz bevor die ersten Holländer-Takte aus dem Graben des Festspielhauses tönen. Und das, was sich draußen an möglicher Wetterdramatik anzukündigen scheint, löst an diesem Abend die Musik ein. Sie triumphiert. Unter der Leitung von Christian Thielemann am Pult des Festspielorchesters kommt schon die Ouvertüre energiegeladen daher, kontrastreich und äußerst durchsichtig, ja fast zart und stellenweise unglaublich geschmeidig. So, wie man sie selten hört. Und im Verlauf entfaltet sich ein musikalisch-emotionaler Sog, der mitreißt, bis zum Schluss. Romantische Weltvergessenheit des späten Wagners darf da genauso durchblitzen wie Anklänge an die Spieloper. Grandios ist auch der Festspielchor.
Jan Philipp Glogers Holländer-Lesart kann dieser musikalischen Wucht auch im dritten Produktionsjahr nicht standhalten. Der Regisseur hat das Setting in der Bussiness-Welt von Heute etwas korrigiert, stellenweise auch die Personenregie verfeinert, und Senta - wie schon im letzten Jahr - ein an das Holländer-Outfit angelehntes schwarzes Kleid verpasst. Dennoch bleibt es bei assoziativen Bildern, Einfällen und Zeichen. Was fehlt ist ein schlüssiges Konzept. Denn dass der fliegende Holländer nach einem richtigen Leben im falschen sucht, dass sich Senta in Liebe opfert, also eine radikale Liebesgeschichte zwischen zwei Außenseitern erzählt werden soll - das kann man zur Inszenierung auf der Homepage lesen. Auf der Bühne aber nicht nachvollziehen. Da kommt es immer wieder zu unfreiwillig komischen Momenten: etwa wenn Senta die schwarzen Engelsflügel aus Pappe anlegt - es könnte auch ein Hirschgeweih sein - oder sich im zentralen Duett mangels Personenführung szenisch keinerlei Anziehung vermittelt.
Dem Holländer von Heldenbariton Samuel Youn fehlt immer noch die nötige stimmliche Durchschlagskraft, obwohl Thielemann dafür sorgt, dass die Sänger nicht vom Orchester erdrückt werden. Youn zur Seite steht Ricarda Merbeth als ausdrucksstarke Senta. Sie gestaltet die dramatischen Höhen kraftvoll und überzeugt mit klarer Linienführung. Sie überstrahlt mit ihrer Präsenz Kwangchul Youn als Daland. Er ist neu im Team und singt Bayreuth-erprobt, aber nicht immer textverständlich. Aufhorchen lassen Steuermann Benjamin Bruns und Tomislav Muzek als Erik. Beiden glaubt man durchweg, was sie singen.
Und wenn sich über den Orchesterklängen des Erlösungsschlusses der Vorhang noch einmal hebt und das Liebespaar Senta/Holländer als Kitschfiguren in Kartons verpackt wird, überwiegt musikalische Erfüllung. Das bilderwütige Erzählen an der Geschichte vorbei, mag harmlos und vergessen sein.