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Im Gespräch … mit Menschen, die Jazz in die Welt bringen Entscheidend im Hintergrund

Sie bringen Menschen auf die Bühne und ohne sie wird es still. Stefanie Boltz und Jakob Flarer arbeiten als Künstleragenten bei "Fine Artist" und "Saudades Tourneen" und auch für die Agenturen ist die Corona-Krise eine riesige Herausforderung.

Jakob Flarer von "Saudades Tourneen" und Stefanie Boltz von "Fine Artist" | Bildquelle: Jakob Flarer/Mike Meyer

Bildquelle: Jakob Flarer/Mike Meyer

Jazztime - 31.08.2020

Jazztoday: Im Gespräch mit Jakob Flarer und Stefanie Boltz

"Es ist ein menschliches Bedürfnis", sagt Stefanie Boltz über ihre Arbeit als Künstleragentin. Selbst erfolgreiche Sängerin, will sie auch andere Künstlerinnen und Künstler auf die Bühne bringen und sie unterstützen. Es reizt sie, auf unterschiedlichen Seiten des Kulturbetriebs tätig zu sein. Zu "ihren Künstlern" gehören Kontrabassist Sven Faller, mit dem sie auch ihr Duo "Le Bang Bang" hat, Gitarrist Paulo Morello, das junge Technojazz-Trio LBT aus München und andere. In den aktuellen Zeiten ist es ein besonders schwieriges Unterfangen Auftritte zu buchen. Etliche Konzerte wurden abgesagt oder verschoben. Frust und Optimismus lösten sich bei Stefanie Boltz ab. Sie selbst musste als Musikerin ohne Auftritte zurechtkommen, aber auch als Agentin die Situation für ihre Künstler organisieren.

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GLM ♫ LE BANG BANG - APRIL SKIES | Bildquelle: GLM Music (via YouTube)

GLM ♫ LE BANG BANG - APRIL SKIES

Viel Arbeit - fast keine Einkünfte

"Corona-Ferien" hatte sie keine, eher zusätzliche Arbeit, die aber nicht honoriert wurde, da Agenturen fast immer über Prozente an den ausgezahlten Gagen finanziert werden.
Zwischen einem und bis zu sieben Jahren Vorlauf haben manche Konzerte und wenn nach so einem langen Organisationszeitraum ein Konzert ausfällt, ist das natürlich ein schwerer Schlag.

Stefanie Boltz nennt ihre Agentur Fine Artist eine "One-Woman-Show", anders ist es bei Jakob Flarer und Saudades Tourneen.

Carla Bley Trio am 13. Oktober 2019 in Murnau | Bildquelle: Roland Spiegel Pianistin Carla Bley, Bassist Steve Swallow und Saxophonist Andy Sheppard beim Festival "Grenzenlos" am 13. Okotber 2019 in Murnau. | Bildquelle: Roland Spiegel Er ist zusammen mit Anna Takas Geschäftsführer von "Saudades Tourneen" und sie holen vor allem Musikerinnen und Musiker aus den USA nach Europa, etwa Pianistin Carla Bley, Trompeterin Jaimie Branch, die Gitarristen John Scofield, Ralph Towner, Marc Ribot, Bill Frisell und viele andere.
Diese Musikerinnen und Musiker kommen meist im Rahmen von ausgedehnten Tourneen, die sich über ganz Europa, den Mittelmeerraum und bis nach Russland, Georgien oder Kasachstan ziehen können. Die zwei Geschäftsführer organisieren mit fünf Mitarbeitern bis zu 1200 Konzerte im Jahr, das entspricht rund 85 Tourneen. Flüge und Reisen vor Ort werden organisiert, gebucht und von der Agentur finanziert, Gagen werden verhandelt, Hotels werden besichtigt, technische Gegebenheiten überprüft. Die Agentur geht für ihre Künstler stark in Vorleistung, finanziell und mit Arbeitszeit, und muss natürlich auch bei Konzertausfällen mit den Veranstaltern verhandeln.

Seit Februar beschäftigt das Flarer und sein Team sehr. Einnahmen haben sie im Grunde keine, dafür umso mehr Arbeit. Eine besondere Herausforderung: die uneinheitliche Beurteilung der Corona-Situation in verschiedenen europäischen Ländern. In manchen Ländern wurden alle Veranstaltungen abgesagt, in anderen konnten noch Konzerte stattfinden und die Veranstalter machten bei Nichterscheinen der Bands Schadensansprüche geltend. Außerdem war durch die weggefallenen Auftritte schon die finanzielle Grundlage der kompletten Tournee weggebrochen und die Rückkehr der Band in die USA unsicher.
Eine schwierige Zeit für die Menschen, die dafür sorgen, dass weltberühmte Künstlerinnen und Künstler bei uns zu erleben sind.

Buchen als gäbe es kein Corona

Beide Agenten haben gemischte Gefühle beim Blick in die Zukunft. Es ist wahrscheinlich, dass wieder Konzerte und ganze Tourneen ausfallen, aber beide wollen beherzt und selbstbewusst Tourneen und Konzerte organisieren. "Wir planen als gäbe es kein Corona", sagt Jakob Flarer, denn sollten nächstes Jahr im Frühjahr Konzerte möglich sein und er hat nichts gebucht, findet auch nichts statt. "Von heute auf morgen bringt man keine amerikanische Band nach Europa, das braucht Vorlauf".

Radio-Tipp:

31. August  2020: Jazztoday.  Im Gespräch mit …
Menschen, die Jazz in die Welt bringen: Booking-Agent Jakob Flarer von der Agentur Saudades und Stefanie Boltz von Fine Artist
Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer

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